Warum finden viele Sadismus als sexuelle Vorliebe ok, obwohl sie Sadismus sonst verurteilen?

5 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Weil es im BDSM-Kontext zwischen Dom und Sub einvernehmlich ist und es beiden gefällt.

Theoretisch wäre es auch nicht verwerflich eine Frau auszulachen nachdem sie hingefallen, wenn sie das so möchte und sie daran Gefallen hat.

Daher ist es im Kontext immer wichtig zu unterscheiden ob die andere Person Schaden durch den Sadismus erlebt (zum Beispiel beim Auslachen nach dem Hinfallen weil sie sich schämt und sich gedemütigt fühlt) oder ob die Person daran Gefallen findet (zum Beispiel von Schlägen beim Sex).

Und es macht auch einen Unterschied ob man nur sadistische Gedanken spürt oder diese auch tatsächlich verwirklicht.
Wenn jemand tatsächlich alltäglicher Sadist ist und immer Gefallen daran findet, wenn andere leiden, dann würde ihm das vermutlich gefallen zu sehen wie eine Frau hinfällt. Dafür kann er nichts und das ist nicht schlimm das zu empfinden. Damit schadet er ja niemandem und das bekommt ja auch erstmal niemand mit.
Aber er kann etwas für seine Reaktion. Er kann der Frau zusätzlich schaden und sie zusätzlich demütigen um mehr Gefallen an der Situation zu empfinden. Oder er könnte der Frau trotzdem aufhelfen, freundlich sein und seine sadistischen Gefühle unterdrücken.

Ein netter Wesenszug ist es sicherlich trotzdem nicht. Aber grundsätzlich ist es nicht relevant welche impulsiven Gedanken wir haben, solange wir diese nicht oder nur ohne jemand anderen zu schaden ausleben. Für mich ist ein Sadist, der seinen Sadismus nicht/nur mit Einverständnis auslebt, sogar ein „besserer“ Mensch als jemand der diesen Drang/diese Gedanken gar nicht erst hat. Denn der Sadist muss sich aktiv dafür entscheiden „gut“ zu sein. Für den Normalo ist es einfach normal „gut“ zu sein und erfordert keine Anstrengung und keine aktive Entscheidung.

Man muss aber dazu sagen, dass die meisten Menschen in der BDSM-Szene auch nur sexuelle Sadisten sind und im Alltag solche sadistischen Gedanken und Gefühle gar nicht erst aufkommen.

Also um es kurz zufassen: Um zu entscheiden ob Sadismus verwerflich ist oder nicht, sind folgende Punkte für mich entscheidend:

  1. Sind es rein sadistische Gedanken oder werden diese Gedanken auch verwirklicht/der Sadismus aktiv ausgelebt?
  2. Wenn der Sadismus ausgelebt wird, passiert dies mit Einverständnis des anderen und ohne diesen wirklich zu schaden oder passiert es ohne Einverständnis?

mitja81 
Fragesteller
 18.05.2024, 00:32

Ich danke dir sehr für deine kluge Antwort!

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Nadja90245  18.05.2024, 10:57

Du hast das wunderbar erklärt, besser kann man es einfach mit Worten nicht ausdrücken!

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Warum ist es okay, wenn man im Schlafzimmer mit zustimmenden Partnern seinen Unterkörper entkleidet, aber nicht, wenn man das mitten auf einem Kinderspielplatz tut?

Warum ist es okay, wenn man beim Duschen seine Genitalien anfasst, aber nicht, wenn man das auf dem Marktplatz tut?

Weil es auf den Kontext ankommt. Darum.


mitja81 
Fragesteller
 16.05.2024, 16:41

Das ist eben die Frage - kann es überhaupt irgendeinen Kontext geben, im dem echter Sadismus akzeptabel ist? Uns gilt das vielleicht auch für Rassismus und Antisemitismus? - Die Antwort lautet: Nein! Echter Sadismus wäre immer inakzeptabel, und die etwaige Einwilligung des Opfers ebenso pathologisch wie das Stockholm-Syndrom.

Nur, dass es sich bei der sogenannten sadistischen sexuellen Neigung (Sado) eben eindeutig nicht um echten Sadismus handelt - der dominante Partner wird nicht durch echte, gewaltsam aufgezwungene Hilflosigkeit/Demütigung/Unterwerfung eines verzweifelten Opfers erregt wie ein Vergewaltiger, sondern durch die spielerische, freiwillig gewährte Unterwerfung einer Partnerin, die diesen Akt des Sich-Auslieferns lustvoll genießt.

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Seraphiel0  16.05.2024, 18:14
@mitja81

Ah ja, das Stockholm-Syndrom. Das nicht existiert und auf einer erfundenen Geschichte beruht.

Weißt du... BDSM spielt sehr viel damit, das Dinge praktiziert werden, die, wenn es kein Rollenspiel wäre sondern echt, absolut falsch wären. Das ist mit eine der größten Motivationen, die Leute dazu bringt: Das man sich in einer sicheren Umgebung mit schrecklichen Dingen auseinander setzen kann. Betonung liegt hier auf der sicheren Umgebung, der kontrollierten Situation, in der man die Risiken genau kennt, und in der keiner ist, der nicht tief drinnen glücklich damit ist.

Ich bin mir nur nicht sicher, warum du von 'echtem' Sadismus sprichst. Macht für mich keinen Sinn, irgendetwas danach zu unterteilen, ob du als einzelne Person etwas echt genug findest oder nicht.

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mitja81 
Fragesteller
 16.05.2024, 21:57
@Seraphiel0

Ich meine mit "echt" nur Sadismus im eigentlichen Sinne: Lustgewinn und Machtgefühl durch das Zufügen von Leid, Demütigung, Schmerz und Qualen - nicht spielerisch, sondern im vollen Ernst. Menschen, denen es z.B. Spaß macht, andere Menschen zu foltern oder Tiere zu quälen, sind Sadisten.

Sexuell dominante Menschen bezeichnen ihre Neigung auch oft als "sadistisch", weil sie der des Sadisten scheinbar ähnelt - in Wirklichkeit empfinden sie dabei jedoch etwas deutlich verschiedenes: sie genießen zwar (wie der Sadist) das Machtgefühl, ihren Partner zu dominieren, z.B. durch fesseln, entblößen und demütigen, aber - davon einmal abgesehen, dass all das "spielerisch" geschieht und eben auch "Spielregeln" unterliegt, die die Grenzen festlegen - im denkbar größten Gegensatz zum Sadisten genießen sie dabei auch die Erregung, die sie damit bei ihrem Partner auslösen, dem sie ja kein Leid zufügen, sondern vielmehr ein Lustgefühl dadurch verschaffen, dass sie es ihm ermöglichen, seine Neigung auszuleben, nämlich sich völlig hinzugeben, sich auszuliefern, sich zu unterwerfen, sodass schließlich beide die Gefühle empfinden können, die sie am meisten erregen, und genau damit erst dem anderen zu eben diesem Gefühl verhelfen.

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Ein sehr guter Beitrag zur Versachlichung der Diskussion um die ganzen BDSMler, die sich mittlerweile zahlreich auf GF herumtummeln.

Umgekehrt eine schreckliche Vorstellung das häusliche Gewalt unter dem BDSM Deckmäntelchen verharmlost wird.

Auch ich kann BDSM nicht nachvollziehen und manche Antwort von mir wurde hier schon gelöscht.

M.48.verh.


Loka95  16.05.2024, 02:04

Irgendwie fehlt mir ein nachvollziehbarer Bezug zur Realität.

Was sagen die BDSMler hier denn so unsachliches? Wo wird häusliche Gewalt als BDSM verkauft?

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LeBonyt  16.05.2024, 02:16
@Loka95

Nicht die BDMSler sondern ihre Kritiker, wie Du hier so liest. Dein Beitrag ist von allen am Besten, weil du versuchst den Menschen BDSM etwas zu erklären..

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Loka95  16.05.2024, 02:19
@LeBonyt

Achso, dann hab ich das falsch verstanden, danke für die Richtigstellung 😅

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Sleipnir444  21.05.2024, 13:55

Was denkst du über BDSM ?

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LeBonyt  21.05.2024, 13:57
@Sleipnir444

Ich bewundere, wie sich zwei Menschen getrofffen haben und durch Schmerzen, Qual und Demütigung ihre sexuelle Lust ausleben können.

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Das eine ist krankhafter Sadismus und das andere ein sexuelles Spiel. Du fährst in GTA auch Leute tot und erfreust dich daran virtuell kriminelle Dinge zu tun. Es ist eben ein Spiel.

Es ist die Freude/Lust daran zu sehen, dass es auch dem/der Spielpartner*in gefällt und sie/er Lust bei entsprechenden Handlungen verspürt.

Das Spiel mit Macht und Unterwerfung fängt ja schon ganz harmlos an, wenn der eine den anderen aufs Bett drückt usw. Beim BDSM geht man halt noch weiter...wie weit bleibt ja allen selbst überlassen und findet im Konsens statt.

Du hast sehr viele gute Antworten bekommen! Es ist doch bei jedem Fetisch die Frage warum?!
Selbst für den Toiletten Fetischisten sind die Ausscheidungen etwas ekliges,

bekommt er sie allerdings von seiner angebeteten Herrin, sieht die Lage schon wieder ganz anders aus, und er wird dankbar für NS und KV von ihr sein.


mitja81 
Fragesteller
 18.05.2024, 11:59

Ich finde viele Antworten auch sehr gut und denke mittlerweile auch anders über dieses Thema als zuvor! 😊 Mein Problem mit "Sado" war eben v.a. ein moralisches, da Sadismus nun einmal das Gegenteil dessen ist, was man normalerweise sein möchte; deshalb fand ich es auch deutlich einfacher, z.B. eine Vorliebe für's Urinieren zu akzeptieren, die andere vielleicht eklig finden, aber deshalb nicht deinen Charakter in Frage stellen.

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Nadja90245  18.05.2024, 14:51
@mitja81

Genau, aber für viele ist es undenkbar Urin als NS Natursekt, Kot als KV Kaviar zu bezeichnen und zu essen und zu trinken, ist aber absolut keine Seltenheit !

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Chriz1980m  25.05.2024, 17:21

Schläge und Schmerzen von jemandem zu erhalten haben immer 2 Ursachen. Entweder zur Bestrafung, oder weil Frau sich daran erfreut jemanden leiden zu sehen. In beiden Fällen erträgt Mann es mit stolz, weil Mann die Notwendigkeit dahinter versteht. Es gibt keinen Ausweg, also gibt man sich hin und trägt jede Narbe wie einen Ritterschlag und versucht täglich daran zu arbeiten sich für die Frau zu verbessern.

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