Kann es sein das alle Ethnien zum Homosapiens und Neandertaler noch andere Vorfahren in sich hatten und deshalb so welche Merkmale haben Wie Farbe usw?

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Der Mensch (Homo sapiens sapiens) ist eine genetisch extrem homogene Art. 99.9 % der DNA zweier beliebiger Menschen sind identisch. Unter genetischen Gesichtspunkten gibt es innerhalb der gleichen Population (z. B. in einem Dorf) eine größere genetische Variabilität als zwischen verschiedenen Populationen (z. B. zwischen zwei Dörfern). Wählt man zwei verschiedene Schimpansen (Pan troglodytes) aus ein- und derselben Gruppe aus und vergleicht deren genetische Variabilität, sind die Unterschiede bedeutend größer als zwischen zwei beliebigen Menschen von zwei unterschiedlichen Kontinenten, z. B. von einem Europäer und einem Australier.
Der Grund für diese enorme genetische Homogenität der Menschen liegt wahrscheinlich in einem Ereignis, das rund 74 000 Jahre zurückliegt. Zu jener Zeit brach auf Sumatra der Vulkan Toba aus. Die Eruption war so heftig, dass in den folgenden Jahren die weltweite Durchschnittstemperatur um mindestens 3 °C bis 3.5 °C gesunken ist, vermutlich sogar noch stärker. Das führte zu einer vergleichsweise kurzen, aber heftigen Eiszeit in deren Folge die damalige Population der Menschen auf nur ein paar tausend Individuen zusammenschrumpfte. Die wenigen verbliebenen Individuen der zuvor bedeutend größeren Population repräsentierten auch genetisch nur noch einen winzigen Bruchteil des ursprünglichen Genpools. Ein solches Ereignis der Gendrift, bei dem ein Großteil einer Population ausstirbt und die verbliebene kleinere Population genetisch verarmt, nennen Evolutionsbiologen genetischer Flaschenhals. Der genetische Flaschenhals muss beim Menschen so eng gewesen sein, dass die genetische Variabilität bis heute gerade einmal 0.1 % beträgt.

Auch morphologisch lassen sich die heutigen Menschen in keinerlei Art und Weise in verschiedene Unterarten ("Rassen") einteilen. Zwar gab es (leider meist rassistisch motivierte) Versuche, Menschen anhand bestimmter morphologischer Merkmale wie z. B. der Hautfarbe in unterschiedliche Rassen einzuteilen, doch die Übergänge sind extrem fließend, sodass weder die Genetik noch der Vergleich der Morphologie die Unterteilung der Menschen in verschiedene Rassen rechtfertigt. Ausnahmslos alle Menschen gehören zur selben Evolutionslinie des Menschen: H. (s.) sapiens.
Ethnien sind übrigens nicht mit Rassen gleichzusetzen. Die Einteilung des Menschen in verschiedenen Ethnien oder Völkern beruht nicht auf evolutionären Gesichtspunkten, sondern auf ethnologischen Beobachtungen. Als Ethnie bezeichnet man nämlich eine Gruppe von Menschen, die sich durch eine gemeinsame Kultur (gemeinsame Sprache, Religionen und Mythen sowie Gebräuche und Traditionen) auszeichnen. Sie spiegeln daher nicht zwangsläufig die unterschiedlichen Evolutionslinien des Menschen wider, sondern eher die unterschiedliche kulturelle Entwicklung von Menschen in verschiedenen Regionen. Eine Ethnie kann zwar auch einer gemeinsamen Evolutionslinie angehören, kann aber durchaus auch von unterschiedlichen Linien abstammen. Beispielsweise ist die in Ostafrika verbreitete Sprache Suaheli stark orientalisch geprägt. Ihren Ursprung hat diese orientalische Kultur vermutlich von Händlern und Seefahrern aus Arabien und Indien.

Warum gibt es dann aber trotz der hohen genetischen Übereinstimmungen eine so große Variabilität? Warum gibt es z. B. so viele verschiedene Schattierungen der Hautfarbe von weiß über verschiedene Brauntöne bis hin zu einem beinahe schwarzen Hautton? Ganz einfach: an der Ausbildung der Hautfarbe ist eine ganze Reihe verschiedener Enzyme beteiligt und jedes Enzym hat sein eigenes Gen. Es gibt also nicht ein einzelnes Gen, welches die Hautfarbe festlegt, sondern eine ganze Reihe unterschiedlicher Gene. Wird ein Gen von einer Vielzahl verschiedener Gene beeinflusst, so spricht man von einer polygenen Vererbung. Jedes einzelne Gen kann darüber hinaus in verschiedenen Ausprägungsformen vorkommen. Diese Genvarianten nennt man Allele. Ursachen für die Entstehung neuer Allele sind zufällig auftretende Mutationen und die Rekombination einerseits durch den Austausch von Teilen homologer Chromosome bei der Meiose und durch die Vermischung paternaler und maternaler Chromosomen bei der Befruchtung. Aus der Tatsache, dass an der Bildung der Hautfarbe viele verschiedene Gene beteiligt sind und dass jedes dieser Gene noch dazu in einer ganzen Reihe verschiedener Allele vorliegen kann, ergeben sich nahezu unbegrenzt viele mögliche Allelkombinationen - und damit eine ebenso große Fülle verschiedener Möglichkeiten in der Intensität des Hauttons.

Man geht davon aus, dass die ersten in Afrika lebenden Menschen ursprünglich eine hellbraune Hautfarbe besaßen, vergleichbar mit der Hautfarbe der San (Buschmenschen) in Südafrika. Aus ihr heraus entwickelten sich später in Anpassung an die ökologischen Gegebenheiten die unterschiedlichsten Farbtöne.

Auffällig ist, dass die Intensität der Hautpigmentierung mit der Intensität der Sonnenstrahlung korreliert. In Regionen, wo die Sonnenstrahlung besonders stark ist, haben Menschen auch eine besonders dunkle Hautfarbe entwickelt. Warum ist das so? Sonnenlicht enthält auch UV-Strahlung. Diese ist jedoch schädlich, da sie zum einen die lebenswichtige im Blut zirkulierende Folsäure. zerstört. Andererseits führt UV-Strahlung aber auch zu Sonnenbrand und kann, weil sie die DNA von Hautzellen zerstört, das Entstehen von Hautkrebserkrankungen begünstigen. Die dunkle Pigmentierung ist ein wirkungsvoller Schutz vor UV-Strahlung - sie wirkt ähnlich wie eine Sonnenbrille. Allele, welche eine besonders dunkle Hautfarbe hervorrufen, wirken sich in diesen Regionen positiv aus und werden von der natürlichen Selektion bevorzugt selektiert, während andere Allele, welche eine helle Hautfarbe hervorrufen, ihren Trägern einen entscheidenden Nachteil bringen würden und folglich von der natürlichen Selektion aussortiert werden - weil Menschen mit heller Haut in diesen Regionen nicht überlebensfähig wären.

In anderen Regionen der Erde, wo die Belastung durch die Sonnenstrahlung nicht so hoch ist, war dieser Schutz nicht notwendig. In solchen Regionen, z. B. in Europa, konnten sich deshalb Allele, die zu einer hellen Hautfarbe führen, erhalten. In Europa ist es im Prinzip egal, ob man helle oder dunkle Haut hat, das Merkmal der Hautfarbe ist daher selektonsneutral und so konnten sich langfristig Menschen mit heller Hautfarbe erhalten.
Man nahm an, dass in diesen Regionen helle Haut sogar vorteilhaft gewesen sein könnte. Obwohl UV-Strahlung prinzipiell gesundheitsschädlich ist, ist ein gewisses Maß an UV-Strahlung notwendig, denn durch UV-Licht wird in der Haut Vitamin D gebildet. Eine lange gültige Hypothese ging davon aus, dass helle Haut deshalb in Regionen, wo die Sonnenstrahlung schwach ist, ebenfalls einen Selektionsvorteil böte und einem Vitamin-D-Mangel vorbeugen könnte. Neuere Untersuchungen haben aber gezeigt, dass dunkelhäutige Menschen in Europa keineswegs unter einem Mangel an Vitamin D leiden, da sie den Nachteil der geringeren Produktion dadurch ausgleichen, dass bei ihnen aus der gleichen Menge Vitamin D mehr Syntheseprodukte generiert werden können. Zudem darf man nicht vergessen, dass die ersten Menschen, die Europa nach einer neueren Untersuchung vor 210 000 Jahren (rund 150 000 Jahre früher als bislang angenommen) erreichten, als Jäger und Sammler täglich einer ausreichend großen Zeit dem Sonnenlicht ausgesetzt waren, sodas ein Vitamin-D-Mangel wahrscheinlich nicht die Ausbreitung der hellen Hautfarbe in Europa erklären kann.
Heute nimmt man an, dass die Ausbreitung der hellen Haut in Europa und Asien wohl vorrangig durch sexuelle Selektion verursacht wurde. In verschiedenen Studien hat sich gezeigt, dass Männer in der Regel bei der Partnerinnenwahl helle Haut attraktiver finden als dunklere Hauttöne. Womöglich führte die Bevorzugung hellhäutiger Partnerinnen und Partner so im Lauf vieler Generationen dazu, dass bedingt durch den höheren Reproduktionserfolg hellhäutiger Menschen gegenüber ihren dunkelhäutigen Artgenossen in Europa und anderen Teilen der Welt dazu führte, dass nach und nach die gesamte Population hellhäutig wurde.

Nachdem es dem Paläo-Anthropologen Svante Pääbo und seinem Team vom Max-Planck-Institut für Evolutionäre Anthropologie in Leipzig gelungen ist, das komplette Genom des Neanderthalers (Homo sapiens neanderthalensis) zu entschlüsseln, konnte gezeigt werden, dass der anatomisch moderne Mensch bei seiner Ankunft in Asien und Europa mindestens zwei Mal auf Neanderthaler traf und es zur Hybridisierung der beiden Menschen-Linien gekommen ist. Es kam zu einem Genfluss vorwiegend in der Richtung vom Neanderthaler zum anatomisch modernen Menschen, dem alle heute außerhalb Afrikas lebenden Menschen rund 2 % Neanderthaler-Gene in ihrem Genom zu verdanken haben. Auch in Nordafrika finden sich im Genom der Menschen Spuren von Neanderthaler-Genen. Das liegt daran, dass die Besiedlung Eurasiens keine Einbahnstraße war, sondern umgekehrt in der anderen RIchtung auch Menschen aus Eurasien wieder nach Afrika migrierten.
In Asien traf Homo sapiens sapiens darüber hinaus auf den dem Neanderthaler nahestehenden Denisova-Menschen. Auch diese Begegnung hinterließ in asiatischen Populationen des Menschen (und den von ihnen abstammenden Populationen außerhalb Asiens) ihre genetischen Spuren.

Obwohl also zumindest teilweise auch andere Evolutionslinien des Menschen (Neanderthaler und Denisovaner) ihren Beitrag zum Genom der heutigen Menschen beigetragen haben, entstand der moderne Mensch insgesamt in Afrika und alle heute lebenden Menschen sind, geht man im Stammbaum nur weit genug zurück, auf diese erste Menschenpopulation zurückzuführen. Damit hat sich die bereits von Charles Darwin postulierte Out-of-Africa-Theorie bestätigt. Die zu dieser konkurrierende Hypothese vom multiregionalen Ursprung des Menschen hat sich dagegen mit den oben genannten Einschränkungen nicht bestätigt.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Biologiestudium, Universität Leipzig