Warum verläuft die evolution der Parasiten langsamer als die ihrer wirte?

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So ist es nicht. Weit verbreitet ist der Irrtum, bei co-evolutiven Prozessen handele es sich um einen ständigen Wechsel aus Anpassung und Gegenanpassung, so wie zwei Tischtennisspieler sich immerfort gegenseitig den Ball zuspielen.

Bei co-evolutiven Prozessen wie Parasit-Wirt-Beziehungen erfolgt die Anpassung in Wirklichkeit aber auf beiden Seiten mit gleicher Geschwindigkeit, weil es sich um einen dynamischen Entwicklungsprozess handelt. Die natürliche Selektion wirkt ja auf beiden Seiten permanent.

Man muss sich solche Prozesse daher eher wie ein Wettrennen vorstellen. In diesem Rennen können sich beide nur behaupten, wenn sie mit der Geschwindigkeit des anderen mithalten können. Sobald eine Seite aufhört zu laufen, wird sie von der anderen überholt und das dynamische System bricht zusammen. Nur verlaufen die Laufbahnen in einem evolutionären Wettrennen nicht parallel zueinander, sondern gegensätzlich: während die Wirte sich permanent anpassen müssen, indem sie Resistenzen entwickeln, müssen sich die Parasiten permanent an den Genotyp anpassen, der Resistenz entwickelt hat, also Anpassungen hervorbringen, die das Immunsystem des Wirts umgehen können. Das ist z. B. auch der Grund dafür, weshalb ständig neue Varianten des Coronavirus auftauchen und weshalb es unsinnig ist anzunehmen, dass das Virus sich mehr und mehr zu einem kommensalen Virus entwickeln wird. Solange das Virus mit der Entwicklung neuer Impfstoffe mithalten kann, wird die Virulenz des Virus nicht abnehmen. Beispiele dafür gibt es viele.

Allerdings ändern Parasiten ihre Morphologie oft nur wenig. Das hat damit zu tun, dass die Lebensbedingungen in ihrem Wirtsorganismus recht konstant sind. Im Darm eines Menschen z. B. hat es immer konstant 36 °C, die Versorgung mit Nahrung ist konstant, solange sich das nicht ändert, gibt es für einen Parasiten keine Veranlassung, den Körperbau zu verändern. Nur sollte man dies auf keinen Fall damit verwechseln, die Parasiten würden sich langsamer oder sogar gar nicht anpassen. Das ist schlicht falsch.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Biologiestudium, Universität Leipzig

Ein Parasit kann sich erst dann neu anpassen, wenn die Vereänderung schon vorliegt.