Was ist eure Meinung zum ontologischen Gottesbeweis von Anselm von Canterbury?

12 Antworten

Was ist eure Meinung zum ontologischen Gottesbeweis von Anselm von Canterbury?

Ein Zeugnis der "Renaissance des 12. Jahrhunderts"! Gestützt auf aristotelische Logik und Terminologie wurde in dieser Zeit versucht, die Welt und ihre Erscheinungen in wissenschaftliche Kategorien einzuteilen, in entsprechende Begrifflichkeiten zu fassen und auf diese Weise logisch zu erklären. Dazu gehörten natürlich auch Gott und Religion, die ebenfalls wissenschaftlich gedeutet und "bewiesen" werden sollten. Der menschliche Drang, nicht mehr nur zu "glauben", sondern vielmehr zu begreifen und zu "wissen", verschaffte sich damals Geltung (Stichwort: Scholastik).

Ob Anselm Gott wirklich bewiesen hat oder nicht, dürfte heute klar verneint werden. Seine Argumentation entbehrt keineswegs einer gewissen Logik und war für die damalige Zeit ein großer, zukunftsweisender Fortschritt. Anselm und seine Mitstreiter sind ein Beleg dafür, dass das Mittelalter keineswegs so "finster" war, wie viele Menschen auch heute noch glauben!

Bleibt gesund und lasst euch impfen!

Arnold

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung
Von Experte earnest bestätigt

Sämtliche ontologischen Gottesbeweise beruhen letztlich auf einem Zirkelschluss.

Zunächst wird eine Annahme über die Existenz und und die Eigenschaften eines Gottes getroffen, um dann logisch darzustellen, dass am Ende wieder die Annahme herauskommt.

Nun ist aber bekannt, dass wenn man die Voraussetzung nur geschickt genug wählt, dass man dann mit Hilfe der Logik den größten Blödsinn beweisen kann.

Mit Hilfe der Ontologie kann man immer nur beweisen, dass die Annahme keinen Widerspruch in sich besitzt. Ein Beweis, dass die getroffene Annahme irgendetwas mit der Realität zu tun hat, ist damit aber grundsätzlich nicht möglich, weshalb sich ontologische Beweise grundsätzlich nie widerlegen lassen, andererseits aber auch nie zu einem Erkenntnisgewinn über die Wirklichkeit führen können.

Die Annahme ist, dass Gott die Bezeichnung dessen ist, was nicht größer gedacht werden kann.

Selbst wenn die Schlusskette stimmen sollte, dann gibt es eben real etwas, das nicht größer gedacht werden kann. Zu Gott wird dieses Etwas aber nur durch die Annahme.

  • Der ontologische Gottesbeweis besteht darin, dass man sich zuerst vor Augen führt, dass Gott das ist, worüber hinaus nichts Größeres gedacht werden kann.

Der Fehler liegt schon darin, daß man sich noch nicht einmal die Größe der Sonne vorstellen kann, sie kann also auch nicht "gedacht werden", und man kann sich auch nichts Größeres vorstellen, doch es gibt Sonnen, gegen die unsere eine Murmel ist. Wir können von ihnen Bilder malen, doch viel mehr als einen hellen Punkt sieht man auch im Teleskop nicht, also Vorstellungskraft, wo bist du?

Der rote Hyperriesenstern VY Canis Majoris, der uns bekannte größte Stern:

Bild zum Beitrag

Ich kann mir etwas Größeres als Das Allmächtige auch nicht vorstellen, bei mir hört "größer als" schon bei der Entfernung von hier nach Frankfurt auf. Und "sich etwas Größeres als Gott" vorzustellen zu versuchen, müßte man ja die Größe seines (Anselms) Gottes kennen. Und der gute Anselm stellt die Existenz seines Gottes für seine Beweisführung voraus, denn sein Gott ist schließlich nötig, um zu versuchen, sich etwas Größeres vorzustellen. Also, Note Ungenügend!

Das ist lediglich einer von tausenden fehlgeschlagenen Versuchen, Das Allerhöchste zu beweisen, was allerdings nicht möglich ist, denn Es ist in der Welt unbeweisbar. Anselm muss sich für sehr gescheit gehalten haben, vielleicht geht es denen, die Anselm glauben, ebenso...:)

Ich kann mir vorstellen, daß das Allerhöchste auch wirklich existiert, darum glaube ich auch daran, doch was es ist, kann ich mir nicht vorstellen.

Doch ich könnte mir auch vorstellen, daß ein Stern namens "56 Maxima Stellaris" existiert, der noch 23 mal größer ist als obiger. Nach Anselms Theorie müsste es diesen geben.

 - (Schule, Psychologie, Geschichte)

iAmMel 
Fragesteller
 04.08.2021, 23:03

Okay gut, eine Frage aber.

Kannst du denn, wenn du Gott als das definierst, was die Weltbevölkerung sagt, also der Größte, der Beste usw., etwas größeres und besseres denken als Gott es ist? Laut deiner Erklärung schon oder?

Wenn ja, dann ist doch der, der größer und besser ist als ein Gott den du dir vorstellst quasi der „neue Gott“ oder?

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joerosac  04.08.2021, 23:24
@iAmMel

Sagte ich doch schon: "Ich kann mir etwas Größeres als Das Allmächtige auch nicht vorstellen... ... doch was es ist, kann ich mir nicht vorstellen."

Wie sollte ich mir etwas Größeres vorstellen können, wenn ich gar keine Vorstellung des Größten haben kann?

Irgendwie hast Du mich nicht verstanden oder ich habe mich wieder mal falsch ausgedrückt. Das, woran ich glaube, ist immer größer als alle Vorstellungen der Menschen zusammen, also derer, die solche Vorstellungen haben.

Wenn ich daran denke, sehe ich nur Helligkeit und denke mir eine punktförmige Lichtquelle, deren Leuchtkraft meine Vorstellungsfähigkeit von Licht am weitesten überschreitet, und ich darum besser nicht darüber nachdenke, damit ich keine Verbrennungen im Hirn bekomme. ;)

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Suboptimierer  05.08.2021, 07:56

Kann man sich überhaupt etwas 1:1 vorstellen, wie es in der Wirklichkeit ist? Es fehlen stets Informationen. Diese Lücken schließt das Gehirn durch Interpretationen und Missachtung.

Kann man sich ein Perpetuum Mobile wirklich vorstellen? Ich behaupte nein, denn wenn es in Gedanken funktioniert, dann nur, weil man es sich nicht richtig vorgestellt hat.

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Der ontologische Kugelbeweis besteht darin, dass man sich zu erst vor Augen führt, dass eine Kugel das ist, worüber hinaus nichts runderes gedacht werden kann. Also haben wir in den Gedanken nichts runderes, was runder ist als eine Kugel.
Laut Canterbury kann aber nicht sein, dass das nur in den Gedanken ist. Er widerlegt die Annahme, dass das, über das hinaus nichts runderes gedacht werden, nur im Kopf ist, aber nicht existiert. Für Canterbury kann das also nicht nur in den Gedanken sein, sondern es muss auch real existieren, da man über das hinaus runderes nicht denken kann.
Wenn eine Kugel [nur] im Verstand ist, kann man darüber hinaus was runderes denken, und zwar eine Kugel, die nicht nicht nur im Verstande existiert, sondern auch in der Wirklichkeit. Und Existenz steht über Nicht- Existenz, also gewinnt die Existenz. Somit gibt es eine perfekte Kugel, die als darüber hinaus nichts runderes gedacht werden kann, die existent ist.

Der schwerwiegendste Fehler liegt in der Behauptung:

Und Existenz steht über Nicht- Existenz, also gewinnt die Existenz.

Das Perfekte existiert immer nur in der Welt der Gedanken oder der Mathematik. Die Mathematik kennt die perfekte Kugel, aber in der realen Welt existiert keine perfekte Kugel, oder etwas perfekt rundes, perfekt mächtiges, perfekt heilendes ... Dem stehen Logik und Naturgesetze entgegen. Es lässt sich z.B. ganz einfach beweisen, dass es kein allmächtiges Wesen geben kann, noch in unserem Universum von außen agieren kann.

In unserer Phantasie können wir natürlich ohne Hilfsmittel fliegen, unter Wasser atmen, ein Perpetuum mobile bauen ...