Welche Religion hat Recht?

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Welche Religion hat Recht?

Dir ist sicherlich klar, dass Du auf diese Frage keine sowohl verbindliche als auch seriöse Antwort erwarten kannst:

Entweder ist sie verbindlich in dem Sinne, als sei es eine Antwort wie „Rayleigh-Streuung“ auf die Frage „warum ist der Himmel blau?“. Wissbar ist an Religionen aber nur ein bestimmter kanonisierter Inhalt, aber nicht, ob eine Glaubensaussage wirklich zutrifft oder nicht. Daher kann eine derartige Aussage nicht seriös sein, ganz gleich, wie felsenfest überzeugt der Antwortgeber von der Richtigkeit seiner Antwort sein mag.

Oder der Antwortgeber gibt eine ganz persönliche Antwort, in der er auch direkt einräumt, dass dies seine ganz eigene Glaubensüberzeugung ist, die er nicht beweisen kann. Dann ist die Aussage zwar seriös, aber nicht verbindlich im Sinne einer Wissensaussage.

Eine solche ganz persönliche und etwas unorthodoxe Antwort möchte ich Dir direkt geben: Das Judentum. Ich bin (denkender, also skeptischer) Christ, und Jesus von Nazareth, an den ich somit glaube, war Jude.

Cogito ergo sum Wenn man Klinkefiesterei betreibt (es also richtig genau nimmt), ist eigentlich das einzige, dessen mansich wirklich ganz sicher sein kann, ganz cartesisch die jeweils eigene Existenz ist.
Wäre ich nicht, könnte ich mir die Frage gar nicht erst stellen. Übrigens bin damit nur ich als wahrnehmendes, nicht meine Existenz als wahrnehmbares Wesen mit bestimmten Attibuten gemeint. Sogar das Wissen darum, dass ich ein Mensch bin und mit Vornamen Philip heiße (daher mein Nick), gehört genau genommen zur Außenwelt und könnte theoretisch Illusion sein.
Natürlich glaube ich das nicht wirklich, aber ich verwende diese Möglichkeit gern, um gleichermaßen gegen allzu klare „Gewissheiten“ wie gegen ein Alles-Zerreden zu argumentieren.

Unterschiedlich falsch Wenn man sicher gehen will, richtig zu liegen, muss man zu der Überzeugung kommen, dass praktisch jegliche Überzeugung, die Menschen jemals geäußert haben, falsch ist.

Das ergibt sich schon ganz simpel aus der Tatsache, dass einander widersprechende Behauptungen wohl gleichzeitig falsch, aber keinesfalls gleichzeitig richtig sein können.

Das ist freilich kein „Relativismus“ und auch nicht so pessimistisch, wie es im ersten Moment klingt.
Erstens ist falsch nicht gleich falsch. Das geozentrische Weltbild war falsch, das heliozentrische auch. Letzteres war aber weniger falsch als Ersteres.
Zweitens heißt „falsch“ keinesfalls „unbrauchbar“: NEWTONs Gravitationstheorie beispielsweise ist genau genommen falsch, aber im Limes kleiner Relativgeschwindigkeiten (v≪c) und Gravitations-Potentialdifferenzen (ΔΦ≪c²) funktioniert sie hervorragend.

Kein klares Richtig, aber ein klares Falsch Auch in religiösen Dingen, daran habe ich keinen Zweifel, ist niemand im Besitz der absoluten Wahrheit.
Das wir uns nicht missverstehen: Das bedeutet nicht, dass auch niemand im Besitz der absoluten Unwahrheit wäre.
So haben Fundamentalisten jedweder Couleur nicht nur hoffentlich, sondern auch mit der größten Sicherheit Unrecht, die man in solchen Dingen überhaupt haben kann.

Schon rein logisch kann höchstens ein Fundamentalismus rein hypothetisch Recht haben: Die Fundamentalismen widersprechen einander und behaupten zudem, dass jeder zur Hölle verdammt werde, der nicht ihrer Richtung folgt, Fundamentalisten anderer Religionen also eingeschlossen - von nicht fundamentalistischen, sondern warmherzigen und verständigen Menschen ganz zu schweigen.

Dies setzt freilich einen „Gott“ (wenn man ihn denn dann noch so nennen mag) voraus, der zwar über enorme Macht (und ein ins Unendliche aufgeblasenes Ego) verfügt, aber über praktisch gar keine Güte oder Weisheit, vergleichbar mit typischen Diktatoren wie Stalin, die man im Grunde hinter ihrer Macht nur als Würstchen bezeichnen kann.
An Folter - insbesondere ewiger, die zum Selbstzweck verkommen ist - beispielsweise kann nur eine solche mickrige und psychopathische Persönlichkeit wirklich Gefallen finden.

Sollte dem so sein, wäre dies ein Grund zu vollkommener Verzweiflung, denn für keinen Menschen, der über so etwas wie ein Herz verfügt, könnte es dann Hoffnung geben, dieser Folter nicht zu verfallen, und sei es nur deshalb, weil er sich zwangsläufig dagegen auflehnen müsste. Daher lohnt es sich auch nicht, sich auf eine solche Möglichkeit einzustellen.

Gott sei Dank ist das aber ihnehin so gut wie unmöglich, weil ein grausamer und feiger Super-Stalin, wie ihn die Fundamentalisten zeichnen, niemals warmherzige und verständige Menschen, die es ja ohne jeden Zweifel gibt, hätte erschaffen können.

Die Goldene Regel Mehrere unterschiedliche Religionen kennen die sog. Goldene Regel, die in ihrer ‚negativen‘ Fassung als Merkspruch „was Du nicht willst, was man Dir tu, das füg' auch keinem And'ren zu“ bekannt ist. Es gibt auch eine positive Fassung davon: Behandle Andere so, wie Du willst, dass Du selbst behandelt wirst.
Eine einleuchtendere und schönere Regel habe ich noch nirgends gesehen - wohl bemerkt, in einer ihrem Geist gerecht werdenden Auslegung (ich kann z.B. nicht einfach Frauen begrabschen und mich auf die GR berufen, in dem Sinne, dass mir als Mann ein ähnliches Verhalten durch Frauen nichts ausmachte). Wir sind gleichwertig, aber nicht gleichartig, und beides müssen wir berücksichtigen.

Für mich ist eine Religion umso überzeugender, je wichtiger die Rolle der GR in ihrer Ethik ist.

Und mit je weniger Gewalt und Drohungen sie daher kommt. Wer würde schon ein Auto kaufen, das ihm vom Verkäufer als das einzig wahre angepriesen wird, mit aber der gleichzeitigen Drohung, dem Kunden sämtliche Knochen zu brechen (oder der Hersteller werde dies tun), wenn er auch nur probefahren will, vom Nichtkauf ganz zu schweigen?


SlowPhil  11.03.2017, 10:29

Nachtrag:

„Dieser Religion folgen ein Drittel der Menschheit - deswegen muss sie die richtige sein.“ Aber das ist kein Argument. Im Mittelalter haben auch eine große Mehrheit der Menschen an eine flache Erde geglaubt, trotzdem war es nicht die Wahrheit.

Als Argument gut, sachlich falsch: In der späteren Antike und m Mittelalter waren die Gelehrten Geozentriker, nicht Flatearther. Sie glaubten an eine kugelförmige Erde, die im Zentrum des Universums stehe. Eine große Rolle spielte damals ARISTOTELES (384-322v.Chr.), der ebenfalls an eine runde Erde im Zentrum des Weltalls geglaubt hatte.

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BatmanZer 
Fragesteller
 11.03.2017, 11:40

Eigentlich wollte ich bei dieser Frage keinen Stern vergeben, weil mir klar war, dass es keine "richtige" Antwort geben würde. Jedoch hast du es geschafft, den objektivesten Blick zu vermitteln.

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SlowPhil  11.03.2017, 12:15
@BatmanZer

Eigentlich wollte ich bei dieser Frage keinen Stern vergeben,…

Umso mehr fühle ich mich durch den Stern geehrt.

…weil mir klar war, dass es keine "richtige" Antwort geben würde.

Natürlich nicht. Es gibt eben nur besser oder schlechte begründete Meinungen, und je vollmundiger der Wahrheitsanspruch, desto unwahscheinlicher, dass das wirklich etwas Gutes ist. Der Versuch, ein Pradies zu schaffen, ist mit der sicherste Weg, eine „Hölle“ zu erschaffen.

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Zicke52  26.03.2017, 13:59

@SlowPhil: Ganz grosses Bravo, diese Antwort ist einsame Spitze.

Besonders die Beschreibung des Gottes unter fundamentalistischer Sicht im Absatz "Kein klares Richtig, aber ein klares Falsch" entspricht genau dem, was ich denke, aber viel besser, als ich es hätte ausdrücken könnte (ich bin allerdings Atheist).

Zur Goldenem Regel habe ich aber Einschränkungen. Sie ist nicht ausreichend als Anleitung, wie man andere behandeln sollte, da manche Leute eine Behandlung wünschen, die andere ablehnen würden. Man kann die eigenen Wünsche also nicht so einfach auf andere übertragen.

Sie ist trotzdem ein guter Leitfaden, ich würde sie als Silberne Regel bezeichnen. Die Goldene Regel muss ein heller Kopf erst noch formulieren. Ich kann nur drauf warten, denn mein Kopf ist nicht hell genug. 

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SlowPhil  26.03.2017, 21:04

@Zicke52

Dass man die GR nicht zu buchstäblich nehmen darf, habe ich erwähnt. Das meine ich damit, wenn ich sage, dass sie in einer ihrem Geist gerecht werdenden Form gelebt werden soll und ich natürlich nicht unter Berufung auf die GR eine Frau begrapschen darf, weil mich vielleicht Umgekehrtes nicht stören würde.

Ich muss etwas, das den anderen Menschen stört, natürlich mit etwas vergleichen, das mich in ähnlichem Maße stört.

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Vieles kann man idealerweise mit der Trinkwasserrückgewinnung vergleichen.

In Klärwerken geht es darum, verunreinigtes Wasser so zu filtern, daß möglichst reines Trinkwasser zurückgewonnen wird - eigentlich aber nur zu dem Zweck, es erneut zu verunreinigen, um es dann erneut zu kären. Das Wesensmerkmal ist jedoch der Begriff "sauberes Wasser".

Das Verhältnis der menschlichen Gemeinschaft zu dem geglauben Gott ist da sehr ähnlich.

Wenn Gott das saubere Wasser ist, dann ist die menschliche Gemeinschaft die Verunreinigung im Wasser, das Rechtswesen ist der ständig mehr oder weniger verstopfte Filter, und die Religion ist das Instrument, welches immer bestimmen will, welche Verunreinigung wie stark die Filter verstopfen darf. Daneben gibt es dann noch einige Kräfte, die hitzig darüber diskutieren, welche Verunreinungen in Wirklichkeit nützliche Zusatzstoffe sind.

Nun stellt sich die Frage, welche Partikel oder Bauteile bei der Unterstellung, daß sie alle denken können, welche anderen Partikel oder Bauteile für schädlich halten. Findet das reine H2O die Schlammpartikel gut? Finden die Schlammpartikel die Filter gut? Finden die Filter es gut, ständig neu verstopft zu werden? Finden sich die weggefilterten Darmbakterien im Vergleich zu den nicht weggefilterten Magnesiumatomen gerecht behandelt?

Oder ist das alles vielleicht ganz anders zu betrachten? Ist da vielleicht ein Gott, der am Ende seiner chemischen Versuchsreihe all das Gebräu, das sich da angesammelt hat, einfach nur entsorgt und sich dann sagt "Auf ein Neues, die Sache hat Spaß gemacht und stets lustig ausgesehen!" ?

Egal was und wie, das Leben selbst wird uns dadurch interessant, daß es stets so viele zu bewältigende "Abenteuer" gibt und sich an jedem und allem herumflicken läßt, auch wenn nicht jeder dasselbe mag oder ablehnt, und auch dann, wenn wir manches einfach nur als abscheulich empfinden (wo es zur selben Sache aber auch wieder Gegenmeinungen gibt).

Ich meine, gar keine Religion hat recht, aber alle Religionen bereichern das Leben dadurch, daß sie eine Lieblingsbeschäftigung der Menschen am Leben erhalten, nämlich, sich stetig zu streiten.

Glaubenssysteme sind n Forschungsgegenstand der Psychologie. Es gibt religiöse und triviale Glaubenssätze, und die werden nicht mit den Eigenschaften "wahr/falsch" oder "rechthaben/unrechthaben" belegt, sondern ausschließlich wie sie wirken, also wie ein Glaubenssatz das nicht-rationale Handeln und Verhalten beeinflußt.

Also wenn ich zb glaube, mein Glauben ist der einzig und absolut wahre und alle anderen Glauben sind des Teufels und die Ungläubigen kommen in die Hölle, dann hab ich zu meinen Mitmenschen ein anderes Verhältnis als wenn ich glaub, die Ethik eines Menschen entscheidet drüber was und wieviel er taugt, nicht wahr?

Schrödingers Katze:

In dem Gedankenexperiment wird eine Katze in eine Blackbox gesperrt, in der ein Mechanismus sie mit 50% Wahrscheinlichkeit tötet. Laut dem Gedankenexperiment existiert die Katze dann als überlagerte Wahrscheinlichkeitswelle, in dem beide Zustände, Tot und Lebendig, zu je 50% sowohl WAHR als auch FALSCH sind. Der Überlagerungszustand wird für einen Beobachter aufgelöst, sobald er die Kiste aufmacht und nachsieht. In dem moment kann nur einer der Zustande WAHR sein und der andere ist FALSCH.

Übertragen auf die Religion:

Hier haben wir es auch mit so etwas, wie einer Blackbox zu tun. Wir wissen nciht,was in der "Kiste" ist.

  • Gibt es etwas göttliches?
  • Wenn ja: ist es ein Gott, oder mehrere?
  • Wenn ja: Was sind die göttlichen Eigenschaften
  • Wenn ja: Gibt es verhaltensanforderungen an uns Menschen?
  • Wenn ja: Gibt es Belohnungen und Strafen für unser Verhalten?
  • Wenn ja: Wie sehen die aus?
  • etc.

Wenn nun Menschen religiöse Vorstellungen haben, dann könnten diese mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit WAHR und mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit FALSCH sein, bis jemand nachsieht, wie es wirklich ist. Und das gilt dann unter Umständen auch nur für die Person, die nachgesehen hat.

Die Crux ist nun: Je ungenauer die religiöse Vorstellung ist, die wir Menschen uns machen, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, daß unsere These WAHR ist, aber unsere Gehirne sind so programmiert, daß sie für uns weniger glaubwürdig ist.

"Da ist irgendwas göttliches" reisst keinen vom Hocker.

"Unser Gott NAGER hat die Gestalt eines grünen Bibers mit lila Punkten, er hat das Universum vor 182.439 Jahren, 241 Tagen, 12 Stunden und 44 Minuten durch einen absichtlich herbeigeführten Dammbruch (=Urknall) erschaffen, er hat uns Schneidezähne gegeben, die seinen Nagezähnen gleichen. Er verlangt von uns, daß wir uns die Essensreste mit einer frisch geschnitzen Nadel aus nordeuropäischem Mammut-Elfenbein (und nur daraus!) aus der Zahnlücke pulen, auf daß unsere Körper rein sind und unsere Gebeine im jenseits Teil seines göttlichen Staudamms werden. Ignorieren wir sein Gebot, gibt es im Jenseits rechts und links eine fette Klatsche von seinem mächtigen Biberschwanz" Scheint dagegen eine höhere Überzeugungskraft auf die menschlische Psysche auszuüben, ganz besonders dann, wenn uns solche Lehren von klein auf unhinterfragt ins Gehirn sickern.

Natürlich ist das mit dem Biber totaler Bullshit. Trotzdem ist es mit einer sehr sehr sehr sehr sehr sehr geringen Wahrscheinlichkeit WAHR. Und mit einer sehr sehr geringen Wahrscheinlichkeit kann sich die versammelte Menschheit im jenseits ihre NAGER-Klatsche abholen. Aber es ist eben auch mit einer überhaus hohen Wahrscheinlichkeit FALSCH.

Wenn Du nun dieses Prinzip auf den Wahrheitsgehalt einer tatsächlich vorhandenen Religion überträgst, kannst Du Dir in etwa ausrechnen, welche Religion recht hat, und wenn ja, wieviel (oder wenig) davon.



Garfield0001  06.03.2017, 12:33

Biber... Es ist zu einer bestimmten Wahrscheinlichkeit MÖGLICH, aber nicht unbedingt WAHR

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Menschen sind nunmal auf ihre Sinnesorgane angewiesen. Sehen, Schmecken, Hören, Riechen. Das können Tiere auch. Darüber hinaus haben Menschen aber auch die Möglichkeit, Schlußfolgerungen zu ziehen.

Viele Religionen entstanden, und entstehen immer noch, weil Gruppen von Menschen auch falsche Schlußfolgerungen ziehen. ZB gibt es innerhalb der katholischen Kirche, verschiedene Interprtationen des Glaubens. Das wiederum für zu der Schlußfolgerung, das eigentlich alle Religionen richtig sind. Nach dem Motto: Alle Religionen führen zu Gott.

Man übersieht dabei, wie Gott wohl die richtige Religion beurteilen würde. Und hier kommen unsere Sinne in Spiel. Wenn es einen Gott gibt, dann muß er Beweise so für sich so hinterlassen haben, das wir Menschen diese Beweise mit unseren Sinnen erfassen können. Ein Buch, in dem er sich manifestiert.

Die Bibel.

Das nächste Argument, was jetzt kommt ist: Die Bibel ist auch nur von Menschen geschrieben worden. Und das stimmt auch.

Aber

Durch Gott inspieriert (von ihm geleitet). Also so, das wir Menschen es nachvollziehen können. Von Menschen mit Fehlern, Stärken und Schwächen. Glaubwürdiger also.

Meinst du nicht, er hätte auch Engel schreiben lassen können, oder durch ein Wunder die Bibel entstehen lassen können, ohne das je ein Schreiber was geschrieben hätte.

Zugegeben, die Bibel könnte bis heute verfälscht worden sein. Aber wenn Gott als Autor dahinter steht, wird er auch dafür sorgen können, das es Möglichkeit gibt, das Menschen dennoch den ursprüglichen Sinn der Worte Gottes finden können. Da kommt es dann wieder auf die richtigen Schlußfolgerungen an.