Werden Laubwälder die Zukunft in Deutschland/ Europa sein?


27.09.2023, 16:59

Deutschland ist von Natur aus ein Land der Laubwälder, insbesondere der Buche. Erst nachdem der Holzhunger des Menschen auf großen Flächen zu Waldverwüstungen geführt hatte, wandelte sich dieses Bild im Zuge der Wiederaufforstungen grundlegend zu Gunsten der Nadelbäume, vorrangig der Fichte und Kiefer. Die Verteilung der Baumarten entspricht heute also nicht mehr der natürlichen Verteilung. Heute liegt der Laubbaumanteil bei rund 40 Prozent und der Nadelbaumanteil dementsprechend bei 60 Prozent.

https://www.nabu.de/natur-und-landschaft/waelder/lebensraum-wald/13284.html

In Europa sind 227 Mio. ha bzw. 35% der Landfläche mit Wald bedeckt. Auf 46% der Waldflächen befinden sich Nadelbäume und auf 37% Laubbäume, 17% sind mit Mischwäldern bestanden.

https://wiki.bildungsserver.de/klimawandel/index.php/W%C3%A4lder_im_Klimawandel:_Europa#:~:text=In%20Europa%20sind%20227%20Mio,17%25%20sind%20mit%20Mischw%C3%A4ldern%20bestanden.

Das Ergebnis basiert auf 12 Abstimmungen

Alternativ 50%
Nein 42%
Ja 8%

5 Antworten

Von Experte Waldmensch70 bestätigt

Hallo,

Ich meine, das ist keine Ja-Nein-Frage! Wie so oft gibt es nicht nur Schwarz und Weiß, sondern viele Grautöne.

Einerseits ist die Baumartenzusammensetzung in unseren Wäldern hier in Mitteleuropa vom Menschen stark beeinflusst. Mit Beginn der Industrialisierung und dem damit einhergehenden schwindenden Druck auf die Wälder als zuvor beinahe einziger Energiequelle (paradox: durch die Verwendung der fossilen Brennstoffe wurde damals Wald gerettet!) konnten große, devastierte Flächen wiederaufgeforstet werden. Verwendet wurden dafür insbesondere zwei robuste Nadelbaumarten Fichte und Kiefer, die mit den Bedingungen von Kahlflächen klarkommen. So war es überhaupt möglich, diese Aufgabe zu bewältigen, mit der ursprünglichen Buche zB wäre dies nicht denkbar gewesen. Beide stammen aus kühlen Regionen (gerade die Fichte übrigens schon auch aus Mitteleuropa, aber eben nur aus den kühlen Hochlagen zB der Alpen), und unsere Vorfahren hatten großes Glück, dass diese Aufforstung in eine Zeit fiel, die wir heute "kleine Eiszeit" nennen. Ja, so wurden ursprüngliche Laubwälder, die durch den Menschen vernichtet worden waren, später auf großer Fläche durch Nadelwälder ersetzt. Aufgrund des Klimawandels wird es nun den beiden hauptsächlich verwendeten Baumarten zu warm und, insbesondere der Fichte, zu trocken. Allerdings vollzieht sich dieser Prozess des Klimawandels so radikal, dass es vielerorts auch den Laubbäumen , die einmal lange vor den Nadelbäumen hier vorkamen, zu warm und/oder zu trocken wird. Wir sehen zB auch dort, wo für Jahrtausende das ökologische Buchenoptimum war, extreme Trockenschäden bei dieser Baumart.

Kurz gesagt, ja, es wird bei uns weggehen von den beiden Nadelbaumarten Gemeine Fichte und Waldkiefer. Sie werden, wenn überhaupt, in Zukunft nur noch an wenigen, besonderen Standorten eine Rolle spielen. Wenn wir trotzdem überhaupt einen Wald erhalten wollen, müssen wir die Baumarten bringen, die mit den zukünftigen Bedingungen klarkommen können. Das werden teils Laubbäume sein, teils aber auch Nadelbäume aus südlicheren Gefilden, Atlas- und Libanonzeder zB. Da können wir nicht wählerisch sein, mancherorts wird es tatsächlich darum gehen, dass wir froh sind, wenn es noch eine Waldbaumart gibt, die dort wachsen kann.

Außerdem, so die Schweizer Waldforscher, verdunsten Laubbäume in der Vegetationszeit mehr Wasser als etwa Nadelbäume.

Gerade das ist leider auch das Problem: wenn die Laubbäume dieses Mehr an Wasser in der Vegetationszeit schlicht nicht haben, weil es zu trocken ist, dann können sie dort auch nicht am Leben bleiben.

Eine größere Rolle als heute werden Laubbäume bei uns aber sicher spielen, und gerade Thürigen hat da noch ein hohes Potential!

Das hört sich so nach dem vodoo Priester und extremist Wohlleben an.

Es wird ein Mischwald angestrebt. Dort wo Nadelbäume natürlich gedeihen und zukünftig es auch weiterhin tun werden, wird man weiterhin Nadelbäume pflanzen.

Auf Fichte kann man einfach nicht verzichten, weil wirtschaftlich zu wichtig ist.


Luftkutscher  25.09.2023, 09:57

Wie groß ist denn die Fläche bei uns, wo die Rotfichte natürlich vorkommt?

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SirAndiusNr2  25.09.2023, 10:23
@Luftkutscher

Weiß ich ehrlich gesagt nicht aus dem Kopf.

Mit natürlich gedeihen heißt in dem Fall ohne Aufwand von selbst wachsen.

Fichte ist ein zu wichtiger Rohstoff. Außer man will zukünftig Tausende von Euros für ein Billy Regal bezahlen.

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Luftkutscher  25.09.2023, 10:58
@SirAndiusNr2

Problematisch ist leider, dass die Rotfichte bei uns natürlich nur in den Alpen und den Hochlagen der Mittelgebirge vorkommt. Diese Fläche ist zu klein, um den Bedarf mit Fichtenholz zu decken. Die Waldkiefer hat ihr natürliches Verbreitungsgebiet eher in den kühleren Regionen Eurasiens und hat ebenfalls Problene mit heißen Sommern.

2
SirAndiusNr2  26.09.2023, 03:18
@Luftkutscher

Das sie in Höhenlagen wachsen, weiß ich. Du fragtest nach der Fläche.

Natürlich muß es weiter Forst geben wo sie "gezüchtet" werden.

Ich sage auch nicht das es einfach ist. Zukunftsbäume werden eine größere Rolle spielen, doch nicht als Fichtenersatz.

Fakt ist, man muß eine Lösung finden. Vermutlich werden andere Länder sich darauf spezialisieren müssen, wenn durch den Klimawandel der Bedarf nicht mehr gedeckt werden kann.

Fakt ist auch, das wir zukünftig auf Holz immer weiter verzichten müssen, wenn man nicht schafft eine Lösung zu finden.

Fakt ist ebenfalls, riesige Fichten Monokulturen sind nicht zukunftsfähig.

Die Menschheit hat sich in ein Dilemma gebracht, aus dem es nicht einfach ist zu entkommen. Temperaturen werden steigen. Dürre wird wohl der Standard sein. (Erstaunlich ist, das es von der Menge her nicht weniger regnet, sondern es immer mehr Unwetter Ereignisse geben wird. Der Boden kann so nicht ausreichend Wasser aufnehmen). Wir müssen ein Weg finden der alle Seiten gerecht wird.

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Nein

Unsere Wälder sind schon sehr lange keine Naturwälder mehr. Der Mensch pflanzt und erntet seit Jahrtausenden und er importiert auch immer wieder neue Arten. Manche neue Arten finden ihre Nische und bilden selbsterhaltende Populationen, andere verschwinden bald wieder. Die Fichte ist bei uns auch nicht heimisch, sie wurde von Menschen importiert und angepflant. Der Grund für den Import der Fichten war die Kleine Eiszeit seit dem 16. Jahrhundert. Die heimischen Bäume haben unter der Abkühlung gelitten und man suchte nach einer Alternative. Die nordischen Fichten waren dafür ideal, weil sie in kühlem Klima gut wachsen, vielfältig verwendbares Holz haben und die Holzqualität mit zunehmender Kälte sogar zunimmt. Heute ist das Klima für Fichten zu trocken und grenzwertig warm, deswegen verschwinden sie unweigerlich wieder. Auch heimischen Kiefern und Tannen kam kühleres Klima entgegen, weshalb sie zum einen in großer Zahl gepflanzt wurden, andererseits aber auch gute Bedingungen für natürliche Bestandszunahmen fanden. Kiefern und Tannen werden im Bestand abnehmen, aber an günstigen Standorten überdauern.

Ob die in jüngerer Zeit importierten Douglasien sich langfristig etablieren werden, wird die Zukunft zeigen. Auch frost- und trockenfeste vorderasiatische Arten wie die Libanonzeder haben eine realistische Chance, sich zu etablieren. An Extremstandorten werden außerdem robuste Zwergformen von Kiefern überleben. Eiben werden uns auch erhalten bleiben.

Für Zypressen, Wachholder usw wird es auf absehbare Zeit auch weiter geeignete Nischen geben, aber das sind keine Waldbäume.

Es ist auch eine Überlegung wert mit Ginko als Waldbaum zu experimentieren, der ja auch kein echter Laubbaum ist.

Alternativ

Europa IST Laubwaldgebiet...

War es von Natur aus und ist es in vielen Bereichen immer noch bzw. wieder...

Es wird kaum noch so Monokulturen geben wie früher, Mischwald ist besser...

Hoffentlich. Bzw. Mischwälder. Aber die Gier wird womöglich siegen, denn Nadelbäume versprechen schnellere Erträge.