Woher kommt die Fliehkraft in unserem Sonnensystem?

8 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Hallo DahnsenWahnsen,

da hast Du sehr gut mitgedacht.

Du  bist jetzt an dem Punkt, an dem man erkennt, dass die einfache Erklärung irgendwie nur die halbe Wahrheit ist. Denn richtig: Die Erklärung mit einem Gleichgewicht aus Fliehkraft und Schwerkraft ist falsch, wenn auch nicht ganz aus dem Grund, den Du Dir überlegt hast.

Die Fliehkraft hätte durchaus die richtige Größe ... die Erde bewegt sich immerhin mit 30 km/s um die Sonne. Und die Sonne ist 150 Millionen Kilometer weit weg - die Schwerkraft nimmt mit dem Abstand quadratisch ab, das haut schon hin: Aber: Das wäre ein instabiles Gleichgewicht.

Von einem instabilen Gleichgewicht redet der Physiker, wenn eine kleine Störung - eine kleine Ablenkung aus der Bahn z.B. - das Gleichgewicht unwideruflich zerstört. Und genau das wäre der Fall: Lenkst Du z.B. die Erde nach außen ab, nimmt die Anziehung der Sonne ab, die Fliehkraft nicht. Im Ergebnis haut die Erde also nach außen ab.

Jetzt ist es aber eine unumstößliche Tatsache, dass die Erde zufrieden und stabil ihre Runden um die Sonne dreht. Wie lautet also die richtige Erklärung dafür?

Wie Manches in der Physik, wird es etwas komplizierter, wenn man es richtig verstehen will.

Der Schlüssel zum Verständnis ist die Gesamtenergiebilanz der Planetenbahn. Und hier müssen wir neben der potentiellen Energie (bedingt durch die Schwerkraft) und der kinetischen Energie (bedingt durch die Geschwindigkeit) ein drittes Potential mitbetrachten: den Drehimpuls eines Planeten.

Hier ist das Ganze durchgerechnet:

http://th.physik.uni-frankfurt.de/~luedde/Lecture/Mechanik/Intranet/Skript/Kap5/node5.html

Sind einige Formeln, ich hoffe, das schreckt nicht ab. Entscheidend ist aber die Ergebnisgraphik 5.8. Du kannst die Formeln ignorieren, wenn Du möchtest und Dir einfach denken, dass die das darstellen, was ich gerade gesagt habe: Man rechnet das Gesamtpotential für die Planetenbahn aus.

In der Graphik ist dargestellt, wie dieses "Effektive Potential" für einen Planeten mit einer bestimmten Geschwindigkeit und einem bestimmten Drehimpuls mit dem Abstand von der Sonne variiert. Und da sieht man: Es gibt ein klares Minimum dieser Kurve. Das ist der stabile (mittlere) Abstand der Bahn: Würde man den Planeten ablenken von diesem Abstand,kehrt er von selbst zu dieser Bahn zurück, weil er nur auf dieser Bahn im Energieminimum ist: Jede Ablenkung aus dieser stabilen Lage geht nur unter Energiezuführung. (Enormer Energiezuführung) Im Energieminimum bleibt der PLanet also von selbst - seine Bewegung ist kräftefrei.

Und deshalb folgen die Planeten dem guten alten Newton: "Wirkt auf einen Körper keine Kraft, behält er seinen Zustand der Ruhe oder der Bewegung bei."

Grüße

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Diplom in Physik, Schwerpunkt Geo-/Astrophysik, FAU

DahnsenWahnsen 
Fragesteller
 11.02.2017, 02:34

obwohl ich nicht alles verstanden habe, klingt das schon mal besser als die gängige laienhafte "Schwerkraft und Fliehkraft halten sich die vage Theorie" ;) Jetzt hab ich zumindest ein mal ein besseres Verständnis dafür. Mit den Formeln kann ich leider nichts anfangen. Die Planeten bewegen sich also durch Rotation und Geschwindigkeit  innerhalb eines selbstregulierenden Energieminimums, macht Sinn. Aber können sie sich dadurch tatsächlich über Milliarden von Jahren der Schwerkraft unser Sonne entziehen? 

Naja jedenfalls lese ich momentan viel darüber, dass die stabilen Bahnen der Planeten auch wesentlich damit zusammenhängen, dass unser Sonnensystem ein" beschleunigtes Bezugssystem" ist und kein Inertialsystem. Die Sonne selbst rast  demnach mit 240 Km ( manche behaupten sogar wesentlich schneller ) um das galaktische Zentrum. Gleichzeitig wechselwirkt  sie mit sämtlichen Sonnen und Planeten in der Galaxie. Alles ist in Bewegung. Das könnte auch ein Teil der   Erklärung sein warum die Fliehkraft stark genug  und konstant bleibt. Was halten Sie davon ? 

Danke erstmal für die Antwort. Bin kein Physiker also nicht zu ernst  nehmen was ich da so vermute. Meiner Meinung nach müssten aber die Planeten im Falle eines Inertialsystems unwillkürlich früher oder später von der Masse der Sonne angezogen werden. Jedoch wird es durch die Bewegung der Sonne selbst, verhindert. Das Zentrum der Galaxie ist selber ähnlich wie die Sonne  unterwegs um einen von uns nicht sichtbaren Fixpunkt. Dieser Fixpunkt kreist wiederum um einen Fixpunkt und so weiter und so weiter  bis  zu dem Gebiet wo unendliche Gravitation herrscht,  Nirvana wenn sie so wollen. die Urkraft. Jedenfalls behauptet das Jakob Lorber ein Mystiker des 19 Jahrhunderts. ;)))  

Ich geh mal lieber schlafen

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Man muss hier echte Physik und leichtere Erklärung unterscheiden.

Bzgl. der leichteren Erklärung hast Du recht: Schwerkraft und Fliehkraft heben sich für jeden der Planeten gerade auf. Zufall? Nein, denn diese Gleichgewicht muss immer eingehalten werden, denn ansonsten wäre die Bahn nicht stabil, sondern es würde sich eine andere Bahn einstellen.

Physikalisch wäre die richtigere Erklärung:
Zufällig hat jeder Himmelskörper seine eigene Geschwindigkeit. Und ein Teil dieser Geschwindigkeit ist senkrecht zur Sonne gerichtet. Deshalb würde dieser Körper einach gerade aus wegfliegen. Aber durch die Anziehungskraft der Sonne wird er dabei in Richtung Sonne (senkrecht zu seiner gewünschten Flugbewegung) abgelenkt.

Ist die Anziehungskraft nicht groß genug, dann verschwindet der Körper auf einer Parabelbahn ins All.

Reicht die Kraft der Sonne gerade aus, dass die Ablenkung zu einer geschlossenen "Kreis-" Bahn führt, dann gibt es ein stabiles dauerhaftes Verhalten (Wie Du es bei unserem Sonnensystem sehen kannst).

Wenn die Kraft der Sonne etwas stärker ist, dann zwingt sie diesn Flugkörper auf eine engere Flugbahn.

Und ist die Kraft der Sonne noch viel größer, dann gibt es keine stabile Kreisbahn, sondern der Körper wird von der Sonne verschluckt.

die einfache, wenn vielleicht auf den ersten blick etwas verwirrend scheinende antwort, lautet: es gibt keine "fliehkraft".

fliehkraft ist eine sogannte "scheinkraft" (oder trägheitskraft) die dann zu wirken scheint, wenn du versuchst die bewegung der planeten von einem ungünstigen standpunkt aus zu beschreiben.

stell dir vor du schwebst quasi über den sonnensystem und siehst unter dir die sonne und die planeten die um sie kreisen. welche kräfte wirken auf die planeten? die antwort lautet: genau eine, nämlich die gravitationskraft der sonne (die gravitation der planeten untereinander können wir vernachlässigen). keine fliehkraft weit und breit....

warum fallen sie nicht in die sonne? wenn sie ursprünglich in ruhe wären, dann würden sie das tun. nur bewegen sie sich schnell genug, so dass sie zwar durch die gravitation immer ein bisschen in richtung sonne hingelenkt werden, allerdings genau so dass sie sie nie erreichen, sondern quasi ewig "um sie herum fallen".

wären sie langsamer, würden sie in die sonne stürzen. wären sie schneller, würden sie ihr entkommen. warum haben sie nun "zufällig" genau die richtige geschwindigkeit? das liegt einfach daran, dass unser sonnensystem bereits so alt ist, dass alles an materie das die "falsche" geschwindigkeit hatte bereits weg ist (weil entweder in die sonne gestürzt oder ins weltall hinaus geflogen). übrig geblieben sind nur die teile mit der "richtigen" umlaufgeschwindigkeit, welche sich dann zu planeten verklumpt haben.


DahnsenWahnsen 
Fragesteller
 11.02.2017, 20:21

klingt einleuchtend. welche Rolle spielt die Bewegung der Sonne selbst innerhalb der Milchstraße in Bezug auf die Stabilität der Planetenbahnen. Würden die Bahnen der Planeten stabil bleiben auch wenn ein Sonnensystem ausserhalb einer Galaxie stehen existieren würde? Gibt es solche Fälle im Universum. Ausgegrenzte Sonnensysteme ? 

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Reggid  11.02.2017, 21:35
@DahnsenWahnsen

welche Rolle spielt die Bewegung der Sonne selbst innerhalb der Milchstraße

gar keine

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DahnsenWahnsen 
Fragesteller
 11.02.2017, 23:28
@Reggid

welche Rolle spielt das galaktische Zentrum mit ihren Supermassereichen Schwarzenlöchern,  würden die Sonne aufhören zu rotieren ohne unsere Milchstraße ?

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Reggid  12.02.2017, 12:14
@DahnsenWahnsen

welche Rolle spielt das galaktische Zentrum mit ihren Supermassereichen Schwarzenlöchern

gar keine

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weckmannu  13.02.2017, 23:54
@Reggid

Die Entfernungen innerhalb der Galaxie und auch bis zum Zentrum sind so riesig, daß die Gravitation der Sterne der Galaxie praktisch keinen Einfluss auf Bahnbewegungen im Planetensystem haben. Die Rotation von Sternen wird nur im Nahbereich durch Gravitation in Form von Gezeitenreibung verlangsamt, aber nicht verursacht.

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weckmannu  14.02.2017, 00:01
@weckmannu

Ein Planetensystem im freien Raum ohne Störung durch benachbarte Massen wäre besonders stabil. Du hast eine merkwürdige Vorstellung über die treibende Kräfte der Rotation - die Ursache ist ausschließlich die Trägheit der Masse und ein anfänglicher Drehimpuls während der Entstehung des Planetensystems.

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Da wir in den letzten paar Milliarden Jahren noch nicht in die Sonne gefallen sind, scheint es ja zu klappen.

Warum sollte hohe Fliehkraft bei einem schnell in einer Kreisbahn fliegenden Objekt nicht "in der Natur der Dinge" liegen?


DahnsenWahnsen 
Fragesteller
 10.02.2017, 21:16

Die Fliehkraft ist eine Reibenergie und nimmt von Natur aus ab

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pythonpups  10.02.2017, 21:50
@DahnsenWahnsen

Nein, die Fliehkraft hat nichts mit Reibung zu tun, wenn Du das meinst. Sondern mit Trägheit.

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pythonpups  10.02.2017, 22:08
@DahnsenWahnsen

Na, dann... Lies doch mal was zu Energieerhaltung und generell klassischer Mechanik nach.

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Das kommt alles von unserem Schöpfer, der hat es so eingerichtet damit alles funktioniert.

"Die im Uniersum geltenden Naturgesetze sind so präzise, daß wir ohne Schwiierigkeit ein Raumschiff bauen können, das auf den Mond fliegt und dessen Flugzeit wir auf den Bruchteil einer Sekunde genau berechnen können. Diese Gesetze müssen von jemandem festgelegt worden sein" (Zitat von Wernher von Braun, der maßgeblich an dem Projekt, amerikanischeAstronauten auf den Mond zu senden, beteiligt war).

Woher ich das weiß:Recherche