Frequenzabhängige Selektion?

2 Antworten

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Von frequenzabhängiger Selektion spricht man, wenn der Überlebenserfolg eines Merkmals von dessen Häufigkeit (Frequenz) in der Population abhängt.

Ein klassisches Beispiel ist die Bates'sche Mimikry. Damit bezeichnet man die Nachahmung eines gefährlichen Lebewesens durch eine Art, die eigentlich gar nicht gefährlich ist. Bei Wespen signalisiert das auffällige schwarz-gelbe Streifenmuster auf ihrem Körper potentiellen Angreifern "pass auf, komm mir nicht zu nahe, denn ich bin giftig und kann stechen", solche Muster werden auch Warntracht oder Aposematismus genannt. Schwebfliegen haben keinen Giftstachel. Sie sind absolut harmlos, sie tun aber so als wären sie gefährliche Wespen, indem sie deren Aussehen nachahmen. Die Warntracht der Wespen beruht aber auf dem Trick, dass ihre Angreifer lernfähig sind. Die wissen nämlich nicht, dass Wespen gefährlich sind. Wenn sie aber nun eine Wespe fressen wollen, werden sie von ihr gestochen und merken sich das. In Zukunft werden sie die auffällig gestreiften Insekten meiden. Davon profitieren auch die Schwebfliegen, denn diese werden ebenfalls gemieden. Die Täuschung der Schwebfliegen funktioniert jedoch nur, solange sie nicht häufiger in einem Gebiet vorkommen als das giftige Original. Kommen die ungiftigen Täuscher zu häufig vor, wird früher oder später ein Beutegreifer eine Schwebfliege fangen und dann feststellen, dass die ja gar nicht giftig ist. Die Schutzwirkung verlöre dann auch bei den Wespen ihre Wirkung. Sie funktioniert also nur, solange die wirklich giftigen Wespen zahlenmäšig überlegen sind und die Warntracht ein weitgehend ehrliches Signal (honest signal) darstellt.

Ein anderes Beispiel sind Frösche. Mit ihrem Quaken locken männliche Frösche Weibchen an zu den Laichgewässern, um sich mit ihnen zu paaren. Je lauter sie quaken, umso eher werden sie von den Weibchen gehört. Das Quaken ist aber anstrengend und verbraucht viel Energie. Einige Männchen verzichten deshalb darauf. Sie lassen ihre Konkurrenten quaken und die Weibchen anlocken. Ihre eingesparte Energie fürs Quaken können sie dann anderweitig nutzen, etwa, um sich mit mehr Weibchen zu paaren. Das funktioniert aber nur, wenn die Frösche, die nicht quaken, in nicht zu großer Frequenz vorkommen. Wenn immer mehr und mehr Männchen nicht quaken würden, würde es am Teich ziemlich still werden. Dann würde auch kein Weibchen mehr angelockt werden. Das Merkmal "nicht quaken" ist also nur dann ein Vorteil, wenn genügend ehrliche Quaker übeig bleiben.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Biologiestudium, Universität Leipzig
PhoebeEmma 
Fragesteller
 19.05.2023, 09:30

Die Beispiele sind echt gut. Jetzt habe ich es verstanden :)

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Frequenzabhängige Selektion bezieht sich auf den Prozess der natürlichen Selektion, bei dem die Überlebens- und Fortpflanzungschancen einer Organismuspopulation von der Häufigkeit bestimmter Merkmale abhängen. Vereinfacht ausgedrückt bedeutet dies, dass die Wahrscheinlichkeit für das Überleben und die Fortpflanzung eines Individuums davon abhängt, wie gut seine Merkmale zur Umgebung passen.

Die natürliche Selektion wirkt, indem sie Individuen mit bestimmten Merkmalen begünstigt, die ihnen einen Vorteil bei der Anpassung an ihre Umwelt geben. Diese Merkmale können physischer Natur sein, wie z.B. die Fähigkeit, Nahrung effizient zu finden oder Raubtieren zu entkommen. Sie können aber auch Verhaltensmerkmale umfassen, wie zum Beispiel bestimmte Balzrituale zur Anziehung eines Partners. Meist sind es die Weibchen die entscheiden welche Gene weiter kommen dürfen, deswegen führen sich die "Männchen" mitunter so auf, besonders auch bei den Menschen.

Die Frequenzabhängigkeit tritt auf, wenn der Vorteil eines bestimmten Merkmals von seiner relativen Häufigkeit in der Population abhängt. Wenn ein Merkmal selten ist, kann es einen Vorteil bieten, da es möglicherweise weniger häufige Ressourcen oder Nischen ausnutzt. Auf der anderen Seite kann ein häufiges Merkmal an Wert verlieren, da es mit anderen Organismen um die gleichen Ressourcen konkurrieren muss. Mit ein Grund warum nahezu jede noch so kleine Nische in der Natur besetzt ist, sogar in extrem Lebensfeindlichen Umgebungen wie z.B. Säureseen mit einem PH-Wert von 0-1, tödlich für fast alles.

Ein klassisches Beispiel für frequenzabhängige Selektion ist das Phänomen des "Schmetterlingsmodells". Nehmen wir an, es gibt eine Population von Schmetterlingen, von denen einige giftig sind und andere nicht. Raubtiere lernen schnell, dass bunte Schmetterlinge giftig und ungefährlich sind, während farblose Schmetterlinge nicht giftig sind und daher leicht gefressen werden können. Wenn der Großteil der Schmetterlinge bunt ist, profitieren farblose Schmetterlinge von ihrer Seltenheit und haben einen Überlebensvorteil. Wenn jedoch viele Schmetterlinge bunt sind, werden die Raubtiere lernen, auch die bunten Schmetterlinge zu vermeiden, und farblose Schmetterlinge verlieren ihren Vorteil.
Wenn sich ein an sich harmloses Tier als ein gefährliches tarnt, nennt man das Mimikry und auch Mimese. https://kinder.wdr.de/tv/wissen-macht-ah/bibliothek/kuriosah/tier/bibliothek-tarnung-im-tierreich-teil-mimikry-100.html

Insgesamt bedeutet frequenzabhängige Selektion, dass der Erfolg eines Merkmals von seiner Häufigkeit in der Population abhängt. Die Natur wählt Merkmale aus, die in einer gegebenen Umgebung einen Vorteil bieten, aber dieser Vorteil kann sich ändern, wenn die Häufigkeit des Merkmals in der Population zunimmt oder abnimmt. Es ändert sich auch wenn sich die Bedingungen der Umgebung ändern oder der Populationsdruck zu groß wird, siehe Darwins Finken...

Woher ich das weiß:Recherche
PhoebeEmma 
Fragesteller
 19.05.2023, 09:29

Vielen Dank! :)

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