Habt ihr als Erwachsener schon mal aus Frust, genau das Gegenteil gemacht, was von euch erwartet wurde?

Das Ergebnis basiert auf 2 Abstimmungen

Ja 100%
Nein 0%

2 Antworten

Ja

Ja, ich habe mich mit ca. 27/28 Jahren dazu entschlossen, nicht mehr für den Gemeinderat zu kandidieren, alle öffentlichen Ämter abzugeben und dann auch noch wegzuziehen und die Stellung zu wechseln. Das war insofern überraschend, weil ich noch Jahre vorher die "Nachwuchshoffnung" war - heute weiß ich, die suchten nur einen jungen erfolgreichen Ausländer, um sich damit sanieren und das angestaubte Image des CDU-Ortsverbands attraktiver zu machen. Alle gingen davon aus, dass ich weiter mache, aber das habe ich nicht getan. Angedacht war es, mich erstmal in den Kreistag zu bugsieren und man rechnete allenthalben damit, dass ich als "Ausländerbub" diese Gnade doch gefälligst annehmen und noch dankbar sein würde.

Vorausgegangen war meinem Ausstieg ein jahrelanger Spießrutenlauf mit Angriffen und Übergriffen bis in die Privatsphäre, Belästigungen, Ausspähungen, einem Lauschangriff, dem Eindringen in meine Garage, anonymen Briefen (die ich zuordnen konnte), übler Nachrede und einigen weiteren Dingen in dem Stil, die ich teilweise zur Anzeige gebracht hatte. Es war furchtbar. Man hat sich teilweise kaum noch aus dem Haus getraut, weil man nie wusste, wer jetzt wieder auf einen wartet und jetzt wieder übergriffig oder frech wird oder sonstiges von einem will. Vor allem meine damalige Freundin hat in der Zeit viel mitgemacht.

Ich wurde auch wieder Opfer von Bedrohungen usw., als ich gesagt habe, dass ich das nicht mehr mitmache. Es ging weiter: Jahre später wurde bei einem "Heimatbesuch" noch eine finale Morddrohung geäußert, die zwar nicht als Morddrohung ernstzunehmen war, aber als Ankündigung dafür, dass meine Freundin und ich "büßen müssen". Und da habe ich dann auch ausgeholt und den Mann, der das gesagt hat, auf juristischem Wege erlegt - damit hätte er nie gerechnet. Ich weiß, dass ihm das sehr geschmerzt hat, er war ja immerhin ein "verdienter CDU-Demokrat" meiner Heimatstadt und zu dem Zeitpunkt schon über 70. Nun denn. Hätte er geschwiegen, hätte es nicht eskalieren müssen.

Auf die Spitze getrieben habe ich das Ganze, indem ich bei einer - scheinheiligen - Parade, in der ich neben einigen anderen eine Art Auszeichnung hätte erhalten sollten, einfach nicht erschienen bin. Ich wollte keinen feuchten Händedruck von Typen, die uns so übel zugesetzt hatten und denen ich nur solange gut genug war, wie ich nach ihrer Pfeife getanzt hatte. Das hat denen weh getan, ich weiß es - weil sie da gespürt haben, der meint das ernst, den haben wir wirklich für immer verloren.

Alle waren damals "sehr von mir enttäuscht" bis auf einen, der es verstanden hat und einen, der meinte, er findet es zwar nicht gut, aber bei der Vorgeschichte kann er es doch nachvollziehen und steht dahingehend hinter meinem Entschluss.

Wie mir mehrfach zugetragen wurde und immer wieder zugetragen wird, bedauern es in meiner Heimatstadt heute genau diejenigen "ach so sehr", die und deren Familien mir sowie meiner damaligen Freundin übel zugesetzt hatten - ich denke, da spricht das schlechte Gewissen, denn die wissen genau, warum es so gekommen ist und können sich denken, wie ich heute über sie denke.

Ich habe nichts von alledem bereut, vielleicht habe ich denen auch eine Lektion erteilt, ich weiß es nicht, aber ich würde es wieder so machen, wobei ich nicht hoffe, dass so was noch einmal passiert ... denn das macht einen emotional fertig und lähmt innerlich auch mit der Zeit.

Übrigens: Ich wurde postwendend ersetzt, von wegen "Nachwuchshoffnung". Am Ende ist jemand an meine Stelle getreten, den die "Opas" zum CDU-Ortsverband dann sogar dazu gebracht hatten für einen Bürgermeisterposten zu kandidieren, der ihm am CDU-Stammtisch von eben jenen Opas schon versprochen wurde. Ich kannte den von der Schule, der war drei oder vier Jahre älter als ich und stammte aus einer "Problemfamilie". Er scheiterte natürlich krachend und hat mir unendlich leid getan, obwohl ich ihn damals eigentlich nicht sehr sympathisch fand. Die ganzen alten Opas von der CDU, die ihm davor Beifall klatschten und ihm die Füße geküsst hatten, haben ihn dann fallen gelassen.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung
Ja

Ja. Dafür gibt es sogar ein Wort aus einer anderen Sprache: Aftselahkis. 😂