Wer ist im Recht (Moral)?
Ich hatte diese Diskussion vorhin mit einer Freundin.
Das Szenario war folgendes:
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In einem streng christlichen Staat, in dem auch die Regierung und die Kirche eng zusammenstehen, ist Homosexualität verboten.
Der Staat sagt: "Homosexualität ist unserer Meinung nach falsch, weil es unsere Religion so sagt."
Homosexuelle sagen: "Der Staat ist im Unrecht, da es niemandem schadet meine Sexualität auszuleben."
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Und dann ging es darum, dass ich sage, dass es an diesem Punkt keine Meinung mehr ist. Für mich ist es eine Meinung rechts oder links zu sein, oder blau oder rosa lieber zu mögen. Aber wenn ich das Leben einer anderen Person einschränke und Menschenrechte verletze, ist es keine Meinung mehr, bzw. diese Meinung ist falsch. Außerdem kann man nicht entscheiden, dass man homosexuell ist, jedoch schon, dass man an Gott glaubt. Ganz klar, hat eine Person nicht die Möglichkeit die Situation zu ändern, und die andere schon. Auch besteht das Christentum auf Freiwilligkeit und sollte niemanden einschränken, der sich gegen die Religion entscheidet, vorallem wenn er damit anderen nicht schadet.
Sie sagt aber, dass eine Meinung nicht falsch sein kann, und keiner von beiden recht hat. Weder die Person die nur ihre Sexualität ausleben will, noch der Staat der jemanden einschränkt. Dass beide Meinungen valide sind, und ich nur denke, dass es ein Menschenrecht ist seine Sexualität auszuleben und es falsch ist, das zu verbieten, weil es meine Meinung ist, die aber nicht richtig ist.
Für mich hört an einem Punkt einfach subjektive Meinung auf und objektive Moral entscheidet. Und moralisch richtig ist, dass jeder sich ausleben darf, solange er niemanden anderen dadurch einschränkt oder negativ beeinflusst.
Wie seht ihr das bzw. wer ist eurer Meinung nach im Recht?
PS: Für mich ist das ein sehr emotionales Thema, da ich queer bin und schon homophobie erfahren habe. Sie sagt selbst, sie ist hetero und dementsprechend versteht sie meiner Meinung nach das Ausmaß von soetwas nicht, da es für sie nie ein Problem sein wird, dass sie ihn manche Länder nicht reisen könnte, manche Menschen sie nicht so akzeptieren, wie sie geboren wurde, etc.
Das Ergebnis basiert auf 18 Abstimmungen
12 Antworten
Es gelten zwei moralischen Gesetze:
Wer seine (moralische) Meinung zur verbindlichen Norm für andere erhebt, handelt totalitär.
Und - eine Handlungsweise, die einen anderen Menschen schadet, in seiner Entwicklung einengt ist schädlich (und letztlich ebenfalls totalitär). Das trifft z.B. auf Sex mit Kindern zu.
auf homosexuelle Begegnungen zwischen zwei erwachsenen Menschen dagegen nicht.
Ich finde es allein mal absurd, Persönlichkeitsmerkmale als richtig und falsch bezeichnen zu wollen und maximal übergriffig, wenn ein Staat sich da einmischt und Menschen unter die Bettdecke schaut. Aus moralischer Sicht ist für mich eindeutig, dass ich das so sehe wie du. Wenn niemand anders Schaden nimmt, geht es andere nichts an. Und ich finde es auch schlimm, wenn die Staatsgewalt auf diese Weise missbraucht wird, um Menschen zu terrorisieren. Das ist auch nicht anders als bei der Apartheid.
Sie sagt aber, dass eine Meinung nicht falsch sein kann
Meiner Meinung nach bringt der Osterhase Ostereier.
Religiöse Homophobie beinhaltet mindestens ein Abwertung. Oft auch eine Diffamierung und Diskriminierung. Das ist nicht nur einfach eine Meinung wie »Äpfel schmecken mir besser als Birnen«.
Diese Homophobie basiert auf »es ist wider den Willen der Götter«. Da das ein irrationales Argument ist, lässt sich dagegen auch nicht diskutieren. Bei guten Argumenten könnte man vernünftig diskutieren, aber wo nix ist, ist halt nix ist.
Auch das »es ist wider die Natur« ist ein religiöses Argument, da nur Religionen in der Natur eine Schöpfung oder ein Bewusstsein sehen.
Rational, also mit Vernunft, sind viele religiöse Gesetze nicht zu erklären. Laut Altem Testament ist eine Mutter nach der Geburt eines Sohnes 7 Tage unrein. Und bei einer Tochter 14 Tage:
Wenn eine Frau empfängt und einen Knaben gebiert, so soll sie sieben Tage unrein sein,
... 5 Gebiert sie aber ein Mädchen, so soll sie zwei Wochen unrein sein,
https://www.bibleserver.com/LUT/3.Mose12%2C1-5
Das kann man nur theologisch begründen. Und da kann man tun, wie man lustig ist.
Religiöse Moral, insbesondere biblische Moral, haben der Menschheit 2000 Jahre viel Leid und Tod beschert. Da die Bibel Sklaverei legitimiert, haben bibeltreue Southern Baptists in den USA ihre Sklaverei bis in das 19. Jahrhundert mit der Bibel verteidigt. Die Sklaverei konnte erst dann abgeschafft werden, als sie durch nicht bibeltreue Christen militärisch im Bürgerkrieg besiegt wurden.
sondern eine tatsächliche Wahrheit.
Für die eigene Person. Homophobe Christen verurteilen aber Homosexualität generell, also für alle Personen.
Bei einem »Ich mag Äpfel nicht« wird niemand auch nur mit dem Ohr wackeln. Bei einem »Apfelesser sind dem HERRN ein Gräuel, sie verdienen die Todesstrafe und ewige Quallen in der Hölle« sieht die Sache anders aus.
Da kommt also auch noch eine generelle Abwertung dazu.
Wer will, kann auch folgendes Experiment machen: man geht zu einem Polizisten und sagt "meiner Meinung nach sind Bullen Arsch lö cher". Wird der Polizist dann sagen "ach, das ist nur deine persönliche Meinung, das geht schon klar"?
Aber wirklich "falsch" sind auch die anderen beiden Antworten nicht! Die Antwort ist "nur" für Gesellschaften mit UNSEREM Werteverständnis die einzig "richtige".
Zuersteinmal:
"Moral" ist der falsche Begriff!
Sie ist vollkommen beliebig und die größten Verbrechen wurden mit ihr "begründet".
Objektiv ist die Ethik: "Der Soziologe Niklas Luhmann schreibt, es sei 'die vordringlichste Aufgabe der Ethik, vor Moral zu warnen.' Moral ist die Fortsetzung der Religion mit anderen Mitteln. Sie bleibt immer subjektiv. Alles lässt sich mit ihr begründen." (Florian Schroeder, Kabarettist und Autor)
Ein "moralisch richtig" oder "moralisch falsch" ist nicht möglich.
Ethik hingegen ist sachlich begründet.
Auch sind "Meinungen" im Grunde genommen nicht "richtig" oder "falsch". Aber irgendwie muss sich diese Meinung ja gebildet haben. Und wenn es nicht um persönliche Geschmacksfragen sondern um unpersönliche Sachfragen geht, können natürlich die Gründe, die zu dieser Meinung geführt haben schlicht auf falschen Annahmen beruhen.
Außerdem, wenn z.B. jemand der "Meinung" ist, "2 + 2 ist 6", dann ist das tatsächlich keine "Meinung", sondern eine falsche Tatsachenbehauptung. "Mathematik ist unwichtig!" wäre eine Meinung. Nicht gerade eine sachlich begründete/begründbare, aber eine Meinung.
Sie sagt aber, dass eine Meinung nicht falsch sein kann, und keiner von beiden recht hat.
U.a. in Europa hast Du recht. In Deutschland ohnehin. Hier ist die Lage so, wie von dir beschrieben, Fakt und Grundrecht. Da kann "meinen" wer will: Wer das anders sieht, begeht einfach eine falsche Tatsachenbehauptung.
ABER: Andere Länder, andere Sitten!
Weder die Person die nur ihre Sexualität ausleben will, noch der Staat der jemanden einschränkt. Dass beide Meinungen valide sind, und ich nur denke, dass es ein Menschenrecht ist seine Sexualität auszuleben und es falsch ist, das zu verbieten, weil es meine Meinung ist, die aber nicht richtig ist.
Deine Meinung ist ethisch korrekt, weil sachlich begründbar. Egal wo auf der Welt.
Nur hat deine Freundin recht, dass Du nur denkst, "dass es ein Menschenrecht ist seine Sexualität auszuleben und es falsch ist, das zu verbieten".
Hintergrund: Die UN-Menschenrechtscharta ist in einer Zeit entstanden, als sexuelle Handlungen zw. Männern auch bei uns noch strafbar waren, ja, Homosexualität sogar weltweit als "sexuelle Störung" galt.
Und nicht nur das: Es ist gemäß der UN-Menschenrechtscharta tatsächlich KEIN Menschenrecht, über seine Sexualität selbst frei zu bestimmen! Im GEGENTEIL kann jeder Staat bestimmen, wie er aus moralischen Gründen sexualität beschränken möchte. DAS steht, unglaublich aber wahr, ausdrücklich in der UN-Menschenrechtscharta.
Unser Grundgesetz war da schon weiter, weswegen die Verurteilungen aufgrund des nachträglich als verfassungswidrig erkannten "Schwulen-Paragrafen" aufgehoben, und somit zu unrecht Verurteilte auf Antrag entschädigt werden.
Aber andere Länder können die Sexualität ihrer Bürger beschränken, wie sie es "moralisch" für geboten halten - also beliebig.
Unabhängig von der UN hat auch z.B. die EU "ihre" Definition der "Menschenrechte" um freie Auslebung der Sexualität erweitert. D.h., selbst wenn wir unsere Verfassung ändern wollen würden (was, da solche Grundrechte bei uns eine "Ewigkeitsgarantie" haben, sehr schwer aber nicht vollkommen unmöglich ist), könnten wir es nicht, weil wir die erweiterte europäische Definition der Menschenrechte anerkannt haben.
Und natürlich gibt es die Bestrebung, selbstbestimmte Sexualität auch bei der UN als "Menschenrecht" anerkennen zu lassen.
Aber dagegen gibt es halt erheblichen Widerstand von religiösen Staaten, inkl. des Vatikanstaates. Und außerdem: Nicht jeder Staat hat die UN-Menschenrechtscharta überhaupt unterschrieben. Und nicht jeder Staat, der sie unterschrieben hat, hat sie dann auch ratifiziert.
Es ist eine freiwillige Übereinkunft.
Menschen dürfen aufgrund ihrer Eigenschaften nicht diskriminiert werden. Punkt.. Das ist eine Diskussion aus früheren Jahrhunderten, die ihr führt.
Mir ist das völlig egal, wenn Menschen konsensuell sich für irgendeine Jahrtausende Religion und deren Regeln entscheiden, aber das entscheidende Wort ist konsensuell.
Erwachsene können das mehr oder weniger selbstständig entscheiden, aber Kinder die dort reingeboren werden, die aus ihren Familien, sozialen Netzen und ihrer ganzen Identität rausfliegen, wenn man sie überhaupt ohne sie umzubringen gehen lässt in ein freies Leben, haben diese Wahl eben nicht.
Das ist eine Diskussion aus früheren Jahrhunderten, die ihr führt
Schön wärs.
Ist die Meinung, Äpfel schmecken mir besser als Birnen, nicht eher Geschmackssache?
Vorausgesetzt man weiß, was einem schmeckt, ist es ja kein Fürwahrhalten, sondern eine tatsächliche Wahrheit.