Wie fest sollte man den Arm/das Bein abbinden, wenn eine Arterie verletzt wurde?

7 Antworten

so dass wirklich überhaupt kein Blut mehr durchkommt

Das ist der Zweck, weshalb man das Köpererteil abbindet! Weil die Blutung mit anderen Mitteln nicht beherrschbar ist, wird verhindert dass überhaupt noch Blut zur Wunde hin fließt.

Also ja, es wird so stark abgebunden, bis die Blutung steht.

oder ist das dann wieder schädlich?

Natürlich ist das schädlich! Es bedeutet normalerweise, dass das fragliche Körperteil nicht mehr mit Blut (und damit Sauerstoff) versorgt wird und anfängt, abzusterben.

In diesem Fall nimmt man das in Kauf, weil man bereits alles mögliche erfolglos versucht hat, um die Blutung anderweitig zu stoppen und man jetzt bei den Verzweiflungsmaßnahmen angekommen ist. Man akzeptiert einen schweren Schaden (mögliche Amputation des abgebundenen Körperteils), um das Verbluten zu vermeiden.

Das muss demjenigen, der das Körperteil abbindet, klar sein: Abbinden bedeutet, ggf. das Körperteil zugunsten des Menschenlebens zu opfern. Es ist deshalb eine absolute Ultima Ratio, wenn absolut nichts anderes (Druckverband, manuelle Kompression...) mehr hilft!

Ein abgebundenes Körperteil bereitet seinem Besitzer übrigens auch in kürzester Zeit unglaubliche Schmerzen. Auch das sollte man als Helfer bedenken, es ist nicht unbedingt angenehm, "schuld" an der Qual dieses Menschen zu sein.

so fest wie möglich

Nicht so fest wie möglich, sondern so fest wie nötig!

Wenn das 40 kg Prinzesschen die Abbindung vorsichtig "festzieht", damit aber leider die Arterien nicht abdrückt und nur die Venen anstaut, wird die Blutung sogar verstärkt. Da wäre der Verletzte ohne diese Hilfe wirklich besser dran.

Und der 150 kg Bodybuilder möge bitte nur so weit festziehen, bis die Blutung steht und dann nicht weiter machen, nur weil da ja noch was geht. Dem Verletzten ist nicht geholfen, wenn es zu einem schweren Gewebsschaden (Einschneiden des Bandes) an der Abbindestelle kommt.

Sollte man eine Schnur, ein Band, oder was man eben Längliches zur Hand hat

Bitte keine Schnur! Die schneidet sich in die Haut, bevor die Abbindung stark genug ist. Es sollte schon ein mindestens fingerbreites Band sein.

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Übrigens sind direkte Amputationen bei Motorradunfällen nicht allzu häufig.

Wie meine Vorredner bereits erwähnt haben, stellt die Abindung das absolute Ultima ratio dar. Vorrangige Maßnahmen sind manuelle Kompression der Wunde mit mehreren sterilen Wundauflagen, Anlage eines Druckverbandes und falls erforderlich eines zweiten Druckverbandes über dem Ersten und ggf. der Versuch, die zuführende Arterie abzudrücken, wofür es jedoch bei Ersthelfern aktuell keine Empfehlung mehr gibt und insbesondere am Bein, kann sich das Abdrücken als sehr schwierig erweisen.

Ansonsten sei gesagt, dass eine Abbindung natürlich so fest sein muss, bis die Blutung definitiv zum Stillstand gekommen ist!. Eine falsch durchgeführte Abbindung, verstärkt den Blutverlust sogar noch, da es dann zu einer venösen Stauung kommt und das Blut durch die zuführende Arterie weiterhin in die Extremität gelangt, jedoch durch die Venen nicht mehr zurückfließen kann. Desweiteren, ist eine Abbindung für den Betroffenen sehr, sehr schmerzhaft. Sehr schmale Dinge wie Schnüre oder Kabel, sind für eine Abbindung ungeeignet, da sie in Haut und Gewebe einschneiden, bevor man genügend Druck aufgebracht hat. Daher sollte das Produkt, welches zum Abbinden verwendet wird, mindestens zwei oder drei Zentimeter breit sein. Klar ist, dass die betroffene Extremität unterhalb der Abbindung nicht mehr mit Blut und somit nicht mehr mit Sauerstoff und mit Nährstoffen versorgt wird, die Durchblutung zu Kappen, ist ja das primäre Ziel von einer Abbindung. Dies führt insbesondere bei einer über einen längeren Zeitraum bestehenden Abbindung unweigerlich zum Absterben von Gewebe. Studien deuten jedoch darauf hin, dass bis zu zwei Stunden in jedem Fall möglich sind und innerhalb dieses Zeitraumes, wird der Patient ja von medizinischem Fachpersonal weiterversorgt.

Mfg

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Rettungsdienst🚑, sehr großes Interesse an Notfallmedizin.
Von Rollerfreake und bestätigt

Hi,

Abbinden ist die Ultima ratio bei nicht anders kontrollierbaren Blutungen - selbst für medizinisches Fachpersonal.

Bei Ersthelfern, welche die Maßnahme weder erlernt haben noch sicher beherrschen ist der Maßstab ungleich strenger anzusetzen - mit "falsch abbinden" macht man mehr kaputt, als das man hilft. So kann z.B. ein zu lockeres Abbinden die Blutung und den Blutverlust sogar verstärken.

Wie fest sollte man den Arm/das Bein abbinden, wenn eine Arterie verletzt wurde?

Im Grunde genommen erfolgt jede Wundversorgung starker Blutungen eskalierend - von einfachen Standard hin zu komplikationsträchtigeren Maßnahmen

  1. Druckverband
  2. zweiter Druckverband
  3. manuelle Kompression der Wunde (ggf. Abdrücken der zuführenden Arterie, mittlerweile ohne Empfehlung für Ersthelfer)
  4. Abbinden.

Wenn man sich dazu entscheidet, abzubinden, muss es fest sein - und zwar so fest, dass die Blutung steht. Mit alltäglichen Materialien lässt sich das nur schwer bewerkstelligen.

LG

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Notfallsanitäter, Blogger, Medizinstudent

Abbinden ist so ziemlich das letzte Mittel der Wahl. Denn damit gibt man quasi den abgebundenen Körperteil auf. Es ist eine lebenserhaltende, aber keine Körperteil erhaltende Maßnahme, um ohne großen Aufwand hohen Blutverlust zu stoppen - beispielsweise dann, wenn es innerhalb kürzester Zeit eine größere Menge an schwerverletzten Menschen zu versorgen gilt (z.B. Kriegsgeschehen oder Katastrophenfall).

Ich empfehle dazu folgenden Artikel:
https://www.derstandard.at/story/1310511631587/bei-hohem-blutverlust-abbinden

So fest bis es net mehr blutet, sonst macht die Annindung keinen Sinn. Das Abbindematerial darf net zu dünn sein, sonst schneidet es ein und macht Verletzungen. Und weil der abgebundene Arm bzw. das Bein dann net mehr durchblutet wird, muß der Patient schnellstmöglich in eine geeignete Klinik gebracht werden. Nach wenigen Stunden stirbt sonst das Gewebe ab. Deshalb immer die Zeit notieren, wann die Abbindung engelegt wurde.

Woher ich das weiß:Hobby

Moritz15cz  15.04.2022, 11:53

In den meisten Fällen kann man die Blutung schon mit einem gut angelegten Druckverband stoppen. Das spart die Abbindung und ist viel risikoärmer. Klappt es net mit dem Druckverband dann kann man ja immer noch abbinden. Abbinden übrigens nur in der Mitte von Oberarm oder Oberschenkel.

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