Wieso fügt sich der Körper selbst solche Schmerzen zu?

7 Antworten

Tatsächlich ein berechtigter Gedanke, wie ich finde. Um die Frage zu beantworten, muss man verstehen, wie sich die einzelnen Systeme in der Evolution entwickelt haben. Das Schmerzsystem ist ein evolutionär sehr altes und rudimentäres system, das in den Ursprüngen nach einem einfachen System funktioniert: Wenn du Schmerz (a.k.a. meist Verletzung und damit Bedrohung hast), mach alles, um diese Bedrohung zu verlieren

Mit komplexeren Tieren und komplexerem Verhalten kamen noch weitere Systeme dazu, z.B. auch das schmerzlindernde, das z.B. durch Endorphine Schmerzen hemmen kannn. So können z.B. Tiere, die akut bedroht oder angeschossen sind, noch schmerzfrei oder -arm handlungsfähig sein

Auf höherer Ebene kommen dann Verhaltensstrategien dazu, die Schmerzen überhaupt erst mit kluger Planung verhindern oder so etwas wie Schmerzstillende Maßnahmen entwickeln

Das kluge Handeln und Entscheiden ist evolutionär aber so neu, dass es das Schmerzsystem nicht bezwingen kann, also dieses ziemlich bewährte System setzt sich weiterhin im Körper durch

Grenzen hat es in dem Fall, den du beschreibst oder auch bei chronischen Schmerzkrankheiten etc

Der Körper besteht ja aus vielen kleinen Zellen. Wenn jede Zelle dem Gehirn sagt: Bro, hier stimmt was nicht. Dann summiert sich das auf. Bei einem Schuss ins Bein sagen ganz viele Zellen: Junge, Hilfe, Hier ist was so gar nicht gut. Und schon hat der Schmerz ein Grad erreicht, in dem es so weh tut, dass es zu viel wird. Da kann der Körper Adrenalin pumpen wie er will. Irgendwann ist der Topf voll

Habe heute einen Film gesehen bei dem jemand angeschossen wurde und extreme Schmerzen hatte.

Eben. Ein Film. Deshalb sollte man das nicht allzu ernst nehmen.

Wenn jemand angeschossen wird oder sonstwie traumatisch verletzt wird, wird der Sympathikus aktiviert, also der Teil des Nervensystems, der einen in den Flucht- oder-Kampf-Modus versetzt. Der Sympathikus stimuliert die Freisetzung der Katecholamine Adrenalin (Epinephrin) und Noradrenalin (Norepinephrin) und diese sorgen dafür, dass man Schmerzen in diesem Augenblick nicht wahrnimmt. Zudem setzt der Körper auch körpereigene schmerzstillende Substanzen frei, z. B. Opioide, die die Schmerzeahrnehmung dämpfen. Außerdem erhöhen sich die Herztätigkeit und der Blutdruck, der Körper setzt also alles daran, zu flüchten (oder zu kämpfen). Der Schmerz setzt dann erst ein, wenn der Schock vorbei ist und die Adrenalinflut wieder abflaut. Im günstigsten Fall liegt man dann schon in einem RTW und wird notärztlich versorgt.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Biologiestudium, Universität Leipzig

Erstens: Die Natur ist weder eine Mutter, noch denkt sie.

Zweitens: In einer Fluchtsituation führt die Ausschüttung von Adrenalin tatsächlich dazu, dass Schmerzen gedämpft werden und daher noch eine Flucht möglich ist.

Wie du schon geschrieben hast, sind Schmerzen ein Warnsignal, was dich zur Ruhe bringen soll.

Viele Sachen wirken vielleicht dumm, sind es aber nicht. Schmerzen haben halt den Sinn dir zu zeigen, dass etwas nicht stimmt und das dauerhaft. Wie reagieren Menschen wenn sie kurz Schmerzen haben, die direkt weg gehen? Genau, sie machen normal weiter.

Ein anaphylaktischer Schock wirkt auch dumm, hat aber auch eigentlich seine Berechtigung.

Angst Beispielsweise macht uns stärker, damit wir kämpfen oder fliehen können. In einer Prüfung hilft das aber nicht, weil man dann nicht richtig denken kann. Wirkt erst Mal dumm, hat aber dafür gesorgt, dass wir bis hierher als Spezies gekommen sind.

Nur weil es in einer Situation dumm ist, kann es dennoch sinnvoll und richtig sein.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – 12 Jahre Krankenhauserfahrung in verschiedensten Bereichen.