Mal ganz trocken gesprochen, findet ihr das Arbeitssystem in Deutschland gut?

juergen63225  29.04.2024, 14:11

Was ist ein "Arbeitssystem" ?

PStar1992 
Fragesteller
 29.04.2024, 14:13

Damit ist gemeint wie die Arbeitswelt funktioniert

5 Antworten

Von Experte juergen63225 bestätigt

Ja, wir haben sehr gute Arbeitsbedingungen.

  • Es dürfen Betriebsräte gewält werden.
  • Gute Arbeitsschutzbedingungen.
  • Gute Kündigungsschutzbedingungen.
  • einen hohen Mindestlohn im EU Vergleich.

https://de.statista.com/statistik/daten/studie/37401/umfrage/gesetzliche-mindestloehne-in-der-eu/

  • Der Arbeitsgeber übernimmt die Hälfte der Krankenversicherung
  • Viele offene Jobs
  • Schulen und Unis sind kostenlos.
  • Jeder kann sich ohne Anwalt an ein Arbeitsgericht wenden.

Hier gibt es kein hire and fire.

Ich finde es ein bisschen seltsam, dass alles so sehr abschlussorientiert ist.

Es sollte mehr möglich sein, in die Berufe hineinzuwachsen und der Status sollte auch abhängig von der Dauer sein, über die man einen Beruf ausübt.

Oft wird sich darüber beschwert, dass jemand frisch von der Uni kommt und praktisch nichts oder wenig drauf hat, jedoch mehr verdient als jemand, der schon zehn Jahre im Beruf ist und von einem Praktiker angelernt werden muss.

Wer 10 Jahre oder länger ungelernt einen Beruf ausübt, sollte (meinetwegen mit einem kurzen "Nachtest") als gelernter Facharbeiter anerkannt werden.

Allgemein sollte die kontinuierliche Arbeit mehr wertgeschätzt werden.

Skywalker17  29.04.2024, 14:27
Es sollte mehr möglich sein, die die Berufe hineinzuwachsen und der Status sollte auch abhängig von der Dauer sein, über die man einen Beruf ausübt.

Warum?

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Suboptimierer  30.04.2024, 06:46
@Skywalker17

Weil bei Bewerbungen oft nach Abschluss und Noten gefiltert wird.

Es geht im Grunde immer nur ums Thema Bewerbungen und im Zuge dessen um Gehaltsverhandlungen.
Wenn man erstmal irgendwo angestellt wurde, sind alle Parameter bekannt und ausgehandelt.

Deshalb bin ich übrigens auch Befürworter der Probezeit und würde das Thema Probearbeiten weiter forcieren.

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Skywalker17  30.04.2024, 07:18
@Suboptimierer
Es geht im Grunde immer nur ums Thema Bewerbungen und im Zuge dessen um Gehaltsverhandlungen.

Ja und das ist auch richtig. Warum sollte jemand der kein Ausbildung hat und möglicherweise noch nicht mal einen Hauptschulabschluss hat, genau die gleichen Möglichkeiten und Gehalt haben, wie jemand der im dualen System 3 JAhre einen Beruf erlernt hat, mit Lehrlingsgehalt?

Warum solle dann jemand überhaupt sich das antun und einen Beruf erlernen?

Was du möchstest, dass die Firmen einen bei vollem Gehalt anlernen.

Wenn man erstmal irgendwo angestellt wurde, sind alle Parameter bekannt und ausgehandelt.

Versteh ich nicht.

Ist dir bewusst, dass es viele Länder gibt, wo man dafür bezahlen muss, wenn man einen Beruf erlernen will.

In Spanien z.B. gibt es das duale System nicht. Wer einen Beruf erlenen will, muss sogenannte Kurse machen und die kosten Geld.

Deshalb bin ich übrigens auch Befürworter der Probezeit und würde das Thema Probearbeiten weiter forcieren.

Jeder Angestellt und Arbeiter hat eine Probezeit, von 3-6 Monaten???.

Was du möchstest, wäre nur für Faulpelze von Vorteil aber nicht für die Firmen, die dann ständig Mitarbeiter einstellen müssten, ausprobieren und dann eventuell wieder entlassen. Was für ein unnötiger Auswand.

Für unser "Duales System", Schule und Beruf in einer 3jährigen Ausbildung, werden wir beneidet im Ausland.

Das wird sicher niemand ändern wollen. Es hat ja auch einen Grund warum wir eine gute Wirtschaft haben.

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Suboptimierer  30.04.2024, 09:16
@Skywalker17
Warum sollte jemand der kein Ausbildung hat und möglicherweise noch nicht mal einen Hauptschulabschluss hat, genau die gleichen Möglichkeiten und Gehalt haben, wie jemand der im dualen System 3 JAhre einen Beruf erlernt hat, mit Lehrlingsgehalt?

Weil am Ende nur (Arbeits-)Ergebnisse zählen sollten. Es ist ein kurioses Kriterium, viel Geld zu verdienen, weil man freiwillig viele Jahre lang mit wenig Geld ausgekommen ist.
Also müsste man nur einen Obdachlosen einstellen, der Jahre lang nichts gemacht hat. Der würde dann den Lehrling in Enthaltsamkeit toppen. Was für eine Logik.

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Skywalker17  30.04.2024, 10:02
@Suboptimierer
Weil am Ende nur (Arbeits-)Ergebnisse zählen sollten.

Wie die Ergebnisse aussehen, würde ein Arbeitgeber aber nur nach vielen vergeblichen Einstellungen sehen können.

Das ist uneffektiv.

Durch die Bildung und Ausbildung wird bereits die Spreu vom Weizen getrennt. Und so soll es ja auch so sein.

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Suboptimierer  30.04.2024, 10:42
@Skywalker17

Empfehlungen, Dokumentation von Arbeitsergebnissen und Praktika wären gute Indikatoren.

Ausbildungen sind nicht überflüssig. Es ist gut, wenn man mal auch theoretisch alles durchgekaut hat. Sie sollten nur nicht überbewertet werden. So groß ist die Enthaltsamkeit der meist durch die Eltern finanzierte erste Ausbildungszeit nicht.

Es gibt Quereinsteiger und Wechsler aus ähnlichen Berufen und es gibt die, die einfach über die Jahre immens viel Erfahrungen haben sammeln können. Es ist unrealistisch, zu erwarten, mit einem gewissen Lebensstandard noch eine Ausbildung zu machen. Kosten Familie? Haus verkaufen? Umstieg aufs Fahrrad?

Die Spreu trennt sich vom Weizen direkt nach der Schule.

Am Ende fände ich es einfach nur ungerecht, wenn zwei Personen die gleiche Aufgabe haben, der Ungelernte sie viel viel besser erfüllt und weniger Geld dafür bekommt.
Ich bin dafür, dagegen anzusteuern. Auf welche Weise kann man sich ja noch überlegen.
Meiner Ansicht nach sollte weniger die Urkunde zählen, die bei dem schlechteren Gesellen zuhause an der Wand hängt.
Es sollte weniger zählen, ob sich jemand für seine Karriere drei Jahre lang nur von Tiefkühlpizza ernährt hat.
Es sollte weniger von der einen Entscheidung abhängen, die man in jungen Jahren trifft, ob und welchen Beruf man erlernen möchte. Es sollten Chancen im späteren Leben offen bleiben. Es sollte alles nicht so vorgezeichnet sein und im späteren Leben mit verhältnismäßig viel Aufwand auf einen anderen Weg geführt werden können.
Einfach weil es kein Gütekriterium ist.

Wenn jemand sehr untalentiert ist (nicht total) und unmotiviert ist und nicht weiß, was er machen soll und einfach mal ne Ausbildung macht und die mit Ach und Krach besteht, dann hat dieser Jemand in unserem Arbeitssystem einen großen Vorteil.
Es wird noch nicht einmal unterschieden, wie gut man die Ausbildung bestanden hat. Es heißt schlicht "Hauptsache bestanden".

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Skywalker17  30.04.2024, 11:33
@Suboptimierer

Du vermischst Äpfel mit Birnen.

Es war ja nicht die Rede von älteren Quereinsteigern mit Erfahrung.

der Ungelernte sie viel viel besser erfüllt und weniger Geld dafür bekommt.

Aber wie kann er das denn erfüllen?

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SashaMu66  29.04.2024, 14:38

Bei uns wird jeder als Facharbeiter bezahlt, der seinen Job entsprechend ausführt. Egal, ob mit oder ohne Ausbildung. Ein Kollege ist ohne Ausbildung so gut, dass er jetzt (nach 5 Jahren) die Meisterschule besuchen will. Ihm dieses theoretische Wissen beizubringen, dafür haben wir während der Arbeitszeit keine Möglichkeit. Wenn er die Prüfung besteht, ist er Meister und bekommt eine entsprechende Position und Gehalt. Im Handwerk wird so ein Nachweis u.a. von den Auftraggebern verlangt.

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Suboptimierer  29.04.2024, 14:41
@SashaMu66

Vielleicht ist die Anerkennung als Meister ohne eine Meisterschule besucht zu haben etwas zu hoch gegriffen, aber wenn dein Kollege bei der Handwerkkammer ein, zwei seiner Arbeitsergebnisse einreichen würde und diese herausragend wären, sollte man ihm wenigstens einen Gesellenbrief dafür "verleihen" können.

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SashaMu66  29.04.2024, 17:10
@Suboptimierer

Das werden die nicht machen. Warum auch, wenn er einen Facharbeiterjob hat und auch entsprechend entlohnt wird? Nach Gesellenbriefen fragt später niemand mehr. Ausschlaggebend sind vielmehr Zeugnisse vorheriger Arbeitgeber. Beim Meister gibt es viel Therorie und kaufmännische Grundlagen. Der muss zwingend eine entsprechende Prüfung ablegen. Er trägt ja auch später die Verantwortung für sein Gewerk.

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Suboptimierer  30.04.2024, 06:49
@SashaMu66

Na wenn das alles bereits so läuft, wie ich es mir wünsche, ist doch alles gut. 👍

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Wenn man bedenkt wie weit es Deutschland gebracht hat, jedenfalls bis bestimmte Politiker es zu ruinieren begonnen haben, kann es so falsch nicht sein.

Nein.

Wer nicht arbeiten will, soll auch nicht essen.

findet ihr das Arbeitssystem in Deutschland gut

Ja - ich wüsste jedenfalls keine realistische Alternative.

Du?