Wieso unterscheidet sich die Position des linken politischen Flügels im Israel-Konflikt so stark je nach Land?

3 Antworten

Das ist in der Tat ein Phänomen, das weitgehend auf Deutschland bzw. den deutschsprachigen Raum begrenzt ist.

Im übrigen Europa und auch in Amerika sind die Grenzen zwischen den Lagern ziemlich klar gezogen: Die Rechten unterstützen Israel aus sehr unterschiedlichen Gründen, etwa aus antiarabischem und antimuslimischem Rassismus heraus; weil Israel einen Brückenkopf für westliche militärische Unternehmungen im mittleren und nahen Osten darstellt; oder sogar aus Motiven des christlichen Zionismus und des Antisemitismus - weil Israel einen Ort darstellt, an den die eigene jüdische Bevölkerung verfrachtet werden kann.

Die Linken sind traditionell antiisraelisch, weil sie sowohl die westliche Einmischung im nahen Osten verurteilen (Antiimperialismus) als auch die Unterdrückung der Palästinenser und den israelischen Siedlerkolonialismus (Antikolonialismus). Das steht nicht im Widerspruch dazu, dass Antisemitismus ebenfalls von der Linken bekämpft wird.

In Deutschland war die Ausrichtung der Linken ebenfalls lange antiimperialistisch. Die pro-israelischen Strömungen in der Linken werden als Antideutsche bezeichnet, was ironisch ist, wenn man bedenkt, dass sie nur in Deutschland relevant sind und im Grunde die Politik der deutschen Regierung stützen. Der Name macht etwas mehr Sinn, wenn man die Ursprünge der Antideutschen versteht.

Die Ursprünge der antideutschen Theorie liegen der bei der Kritischen Theorie oder Frankfurter Schule, also Leuten wie Adorno und Horkheimer. Die kritisierten die damals vorherrschenden marxistisch-leninistischen Interpretationen des Faschismus und warfen ihnen vor, die Rolle des Monopolkapitals als Stütze des Faschismus überzubewerten. Stattdessen konzentrierten sich Adorno und Horkheimer auf den Antisemitismus in der breiten Bevölkerung, d.h. vor allem in der Arbeiterklasse und erklärten ihn soziologisch und psychoanalytisch.

Die Antideutschen machten darauf später die Ansicht, dass die Arbeiterklasse den deutschen Faschismus getragen hätte und Antisemitismus eine deutsche Wesenseigenschaft wäre - dem hätten Adorno und Horkheimer, die auch Zionismus und israelische Politik kritisch betrachteten, sicherlich deutlich widersprochen.

Antideutsche Gruppen gründeten sich dann unter diesem Namen erstmals während der Wiedervereinigung, weil sie angesichts der nationalistischen Welle und des Neonazismus eine unmittelbare Wiederkehr des Faschismus befürchteten.

Graduell wurden diese Antideutschen dann von Kritikern des deutschen Nationalismus und des Antisemitismus zu proisraelischen Apologetikern. Ein Wendepunkt war der Zweite Golfkrieg, als der von den USA bedrängte Irak Raketen auf Israel abschoss, als (vergeblichen) Versuch, Israel zum Gegenangriff zu provozieren und damit die Unterstützung von mit Israel verfeindeten Nachbarstaaten zu erhalten. Während die meisten Linken vor allem gegen die amerikanische Kriegsmaschinerie protestierten, verurteilten die Antideutschen die irakischen Aktionen und sind seitdem auch proamerikanisch ausgerichtet.

Die Antideutschen prägten und propagierten seitdem auch Begriffe wie "Islamfaschismus" und kritisierten die unkritische Unterstützung vieler Linker für antikoloniale Bewegungen, die von nationalistischen oder religiösen Parteien getragen wurden. Ein weiterer Lieblingspunkt der Antideutschen ist verkürzte Kapitalismuskritik, also Kritik, die sich vor allem auf Einzelpersonen wie Multimilliardäre konzentriert, und der Antideutsche durchgängig antisemitische Untertöne unterstellen.

Im Endeffekt sind Antideutsche mehr damit beschäftigt, andere Linke zu kritisieren und auch körperlich anzugreifen, als sich gegen Staat und Kapitalismus zu richten. Die antideutschen Positionen sind gleichzeitig anschlussfähig für bürgerliche bis rechte Kräfte, bis zu dem Punkt, an dem die Bildzeitung sich positiv auf Songs der antideutschen Band Antilopen Gang berufen kann.

Die Antideutschen haben zudem eine Diskursverschiebung bewirkt, die dem deutschen Staat gerade recht kommt. Konzepte wie "linker Antisemitismus", die vor ein paar Jahrzehnten keine Bedeutung hatten, werden jetzt von Regierungsparteien (nicht nur in Deutschland) aufgegriffen, um den Repressionshammer gegen palästinasolidarische Linke zu rechtfertigen.

aberli  09.05.2024, 20:29

ich glaub ich seh das anders😁: natürlich gibt es linken Antisemitismus. Insbesondere auch in Deutschland.

"Im Endeffekt sind Antideutsche mehr damit beschäftigt, andere Linke zu kritisieren und auch körperlich anzugreifen, als sich gegen Staat und Kapitalismus zu richten."

Das ist wohl eher eine Unterstellung, die du brauchst um dich nicht mit Argumenten zu beschäftigen, die dir nicht passen.

bis zu dem Punkt, an dem die Bildzeitung sich positiv auf Songs der antideutschen Band Antilopen Gang berufen kann.

auf linke Israelkritik beziehen sich dafür queerfeindliche Gewaltherrscher und die öko-Nazis vom 3. Weg

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Links-Rechts kann man meist mit anderen Ländern nicht vergleichen. Würde ich zB versuchen israelisch links mit deutschen Parteien zu erklären, stünde zB die NPD in Israel links und SPD in Israel rechts. Ich bin zB notorischer Wähler von Otzmah Yehuddit. Nahezu jeder bezeichnet die Partei als rechtsextrem. Will man das jedoch mit deutschen Maßstäben vergleichen, bestünde diese Partei aus etwa PbC (nur eben jüdisch), FTP und Die LINKE.

Auch kann man die Symphatie der Hamas nicht nach dt politischen Richtungen vergleichen, gibt eben Viele aus dem deutschen rechten Lager, die pro-Israel sind, aber auch aus dem gleichen Lager gegen Israel. Genau so verhält es sich mit den Mitgliedern anderer Parteien. Einige sind pro Israel, andere dagegen.

Ich weiß nicht so genau vielleicht habe Linke der USA mehr Hoffnung an den Palästinensern das aus diesen Land vielleicht was werden kann (hoffentlich ohne die Hamas), und bei Deutschland sie die Linken für denn Schutz der Juden am Herzen und Unterstützen die Israel egal wie die Regierung mit allen mittel vorgehen wird.