Deutsches Rentensystem (Katastrophal)?

8 Antworten

Deutschland hat mit das niedrigste Rentenniveau in Europa. Lediglich das Rentenniveau der "Besserverdiener" ist im Vergleich ganz in Ordnung. Als Geringverdiener hast du aber in Deutschland praktisch keine Chance und kassierst gerade mal 58% deines vorherigen Gehaltes. Der OECD Durchschnitt liegt bei 75%.

https://www.auswandern-handbuch.de/rentenniveau-europa/

Die Gründe dafür sind das etablierte System. Um Geld zu machen musst du entweder Arbeitszeit investieren oder Kapital. In vielen Ländern wird hierbei eher die Arbeitszeit geschützt, in Deutschland aber eher das Kapital.

Kapitalerträge sind niedrig besteuert, es gibt kaum Erbschaftssteuer, es gibt keine Vermögenssteuer (was alles an sich nicht schlecht ist).

Arbeitnehmer hingegen werden ordentlich zur Kasse gebeten.

Das spiegelt sich vor allem bei den Rentern wieder. Der Durchschnittsrentner ist in Deutschland steinreich. Das hilft aber der grossen Masse an Rentnern nicht, denn das Kapital ist nicht gleichmässig verteilt.


Katze446  06.06.2023, 21:56

In Österreich gibt es GAR KEINE Erbschaftssteuer mehr und auch keine Vermögenssteuer und trotzdem ein besseres Rentensystem als in Deutschland.

Das mit dem Kapital ist also Quatsch, denn einmal ist investiertes Geld längst versteuert mit der Einkommenssteuer und dann zahle ich bei einer Immobilie Grunderwerbssteuer sowie ein Leben lang Grundsteuer. Für Zinserträge und Aktiengewinne und Dividenden zahle ich Kapitalertragssteuer plus Soli, satte 30%.

Mit 30% wird bei vielen auch der Lohn versteuert, sofern sie in keiner höheren oder niedrigeren Stufe sind.

Das Problem liegt woanders, nämlich bei der Demographie, der Geldentwertung, dem Umlagesystem, den im Vergleich sehr hohen Pensionen. Das alte Modell funktioniert nicht mehr und gehört reformiert. Aber Oma Erna noch das sauer gesparte Geld auf dem Sparbuch oder das kleine Häuschen mit Vermögenssteuer belegen zu wollen, ist frech, nachdem sie sich das vom Mund abgespart hat.

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whabifan  06.06.2023, 22:27
@Katze446

Ich habe ausdrücklich gesagt dass ich es gut finde dass es diese Steuern nicht gibt.

Trotzdem ist die Einkommenssteuer in Deutschland brutal hoch.

Ansonsten Demographieprobleme und Inflation gibt es in anderen Ländern auch.

Österreich ist übrigens ein gutes Beispiel... fast 85% Rentenniveau bei Geringverdienern... in Deutschland 58%.

Wie soll man bitte mit 58% leben wenn man weniger als Mindestlohn verdient hat (gegen den hat man sich ja in Deutschland jahrelang energisch gewehrt...)

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Katze446  06.06.2023, 22:33
@whabifan

Dann habe ich dich falsch verstanden, Entschuldigung.

Und ja, Arbeit wird in Deutschlnd zu hoch besteuert, diese Steuersätze sind über 50 Jahre alt und nicht angepasst.

Ja, in Österreich funktioniert es besser. In den Niederlanden auch. Dort können sich die Gutverdienenden nicht aus dem System schleichen, soweit ich weiß. In Österreich zahlt auch jeder in die Rentenkasse, auch Beamte und Selbstständige.

Warum nehmen wir uns daran nicht ein Beispiel, frage ich mich? Warum denkt die Regierung nicht darüber nach, welche Punkte für Deutschland nützlich und umsetzbar wären? Ich verstehe das nicht.

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whabifan  06.06.2023, 23:06
@Katze446

Ich gebe dir auf ganzer Linie Recht. Die Beispiele Österreich und Niederlande treffen auf fast alle westlichen europäischen Länder auch zu. Diese Trennung der Rentenkassen habe ich auch nie verstanden.

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Clara794 
Fragesteller
 07.06.2023, 03:22
@whabifan

Genau darauf wollte ich irgendwie hinaus. Meine Mutter ihre Freundin hat nicht wirklich viel verdient wärhend ihren Beitragsjahren, aber bei einem Rentenniveau von 85% hätte sie wenigstens später normal leben können. Angenommen jemand ist mit seiner Rente unter der Grundsicherung, dann hätte er doch sowieso die Möglichkeit Wohngeld zu beantragen. Warum erhöht man den dann nicht einfach das Rentenniveau?

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Von Experte soisses bestätigt

Das deutsche Rentensystem ist nicht katastrophal, aber in eine gewaltige Schieflache geraten - nicht nur durch die demographische Entwicklung.

Es gibt vom Grundsatz her kein besseres System als das Umlagesystem, bei dem die jüngeren für die Rentner zahlen und damit einen eigenen Anspruch auf eine spätere Rente erwerben. Insofern ist die Rente ein Ausdruck der Lebensleistung, denn sie richtet sich nach dem beitragspflichtigen Einkommen aller Arbeitsjahre.

Das funktioniert aber nur dann, wenn - wie z.B. in Österreich - alle Arbeitenden in das soziale Rentensystem einzahlen und nicht gerade Besserverdiener davon befreit sind (z.B. Berufsgruppen mit einer berufsständischen Altersvorsorge wie Ärzte, Apotheker, Rechtsanwälte, Ordensangehörige..., außerdem die meisten Selbständigen und natürlich die Beamten).

„... Arbeit muss sich doch lohnen"

Da hast du völlig recht. Wenn sich die Arbeit lohnt und man ein gutes Einkommen hat, stimmt später auch die Rente und man kann zusätzlich privat vorsorgen.

Die Lohnpolitik ist die wichtigste Voraussetzung für eine stabile Rentenzahlung. Wenn aber der Niedriglohnsektor immer weiter ausgeweitet wird und man nicht selten weniger Einkommen zur Verfügung hat als jemand mit Hartz IV (bzw. neudeutsch Bürgergeld) und damit keine Rente oberhalb der Grundsicherung erarbeiten kann - schon gar nicht privat vorsorgen - ist etwas nicht in Ordnung.

Es ist auch sehr ungerecht, dass z.B. ein ehemaliger Selbständiger - der nie Beiträge eingezahlt hat - genau so viel Grundsicherung bekommt wie jemand, der eine Leben lang hart gearbeitet, aber nicht viel verdient hat.

Daran ändert auch der ab 01.01.2021 eingeführte Grundrentenzuschlag für Versicherte mit mindestens 33 Arbeitsjahren und einem Einkommen zwischen 30% und 80% eines Durchschnittsverdieners nicht viel. Dieser könnte allerdings auch für die Freundin deiner Mutter zutreffen, wenn sie 38 Jahre gearbeitet und wenig verdient hat.

Dennoch sehe ich nicht ganz so schwarz wie du. Ich kenne sehr viele Rentner, deren Rente weit über 2000 € liegt (meine eigene und die meiner Frau auch) und man muss auch bedenken, dass nicht alle Rentner allein von der Rente leben - diese macht durchschnittlich 75% des Einkommens der Rentner aus. Viele beziehen zusätzliche Betriebsrenten, haben privat vorgesorgt, geerbt und haben zudem Wohneigentum. Über 5 Millionen beziehen zudem zwei Renten (die eigene und die Witwen-/Witwerrente). Es sind mehr Rentner auf Kreuzfahrtschiffen anzutreffen als in der Suppenküche.

Das Rentenniveau in Deutschland ist allerdings erschreckend gering und wird in naher Zukunft auch nicht steigen. Deshalb ist es wichtig, zusätzlich privat vorzusorgen, denn mit der gesetzlichen Rente allein kann niemand seinen Lebensstandard halten.

Lerne einen ordentlichen Beruf, in dem du dich entfalten kannst und sorge zusätzlich vor, dann musst du im Alter auf nichts verzichten.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

Katze446  06.06.2023, 21:59

Sehr gut zusammengefasst!

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Meine Mutter ihre Freundin

Der Dativ ist dem Genetiv ... :D

Es muß heißen: Die Freundin meiner Mutter.

Vielleicht hat sie schlicht zu wenig in die Rentenkasse einbezahlt. Da kann die Rentenkasse auch nichts für.

Sie kann ggf. aufstockende Grundsicherung beantragen.

Ich finde, dass jemand der 30 Jahre gearbeitet hat mindestens doppel so viel bekommen sollte wie ein Hartz4 Bezieher (

Das passiert auch durchaus. Es bekommt längst nicht jede/r eine "kleine Rente" :)

Ich würde sagen, dass es daran liegt, dass sich einige erfolgreiche Gruppen aus dem Sozialsystem herausschleichen können, z.B. über Pensionskassen/private Krankenversicherung.

Wenn wir Gerechtigkeitsdiskussionen führen, artet das immer darin aus, dass man auf Randgruppen rumhackt, anstatt mal die offensichtlichen Gerechtigkeitsprobleme anzupacken.


karol2010  06.06.2023, 19:29

Die paar die sich dem System entziehen machen den Braten nicht fett. Das Problem ist eher, dass der Staat das Geld im grossen Maß verpulvert.

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